CIO des Jahres


CIO des Jahres 2017 – Mittelstand – Top 10

CIO Nolting richtet EOS Technology Solutions neu aus

Christiane Pütter ist Journalistin aus München.
Roger Nolting hat die Otto-Tochter EOS Technology Solutions in fünf Schritten neu organisiert. Heute arbeiten dezentrale Produktteams agil, schnell und nah am Kunden.

Die langen blonden Haare in elegante Wellen gelegt, lächelt sie fröhlich in die Kamera: 1993 ist Claudia Schiffer auf dem Höhepunkt ihrer Model-Karriere und ziert den Otto-Katalog. Aber Otto ist mehr als nur Katalog, nämlich ein Konzern mit verschiedenen Geschäftsfeldern. Eines davon ist EOS, Anbieter von Forderungsmanagement. 1974 als Inkasso-Dienst aus der Otto-Rechtsabteilung hervorgegangen, zählt EOS heute nach eigenen Worten mit mehr als 60 Unternehmen in über 25 Ländern zu den führenden internationalen Anbietern von individuellen Finanzdienstleistungen.

Roger Nolting, EOS Technology Solutions: "Inkasso ist auf den ersten Blick nicht sehr sexy. Aber wenn man klasse IT-Produkte braut, kommen die Leute auch." In Zahlen spricht er von 50 neuen Mitarbeitern im vorigen Jahr.
Roger Nolting, EOS Technology Solutions: "Inkasso ist auf den ersten Blick nicht sehr sexy. Aber wenn man klasse IT-Produkte braut, kommen die Leute auch." In Zahlen spricht er von 50 neuen Mitarbeitern im vorigen Jahr.
Foto: Roger Nolting - EOS IT Services

EOS Technology Solutions, der Technologie-Dienstleister der EOS Gruppe, stand vor der Aufgabe, das Inkasso-Unternehmen fit für die digitale Transformation zu machen. Geschäftsführer Roger Nolting wollte, dass seine Organisation "möglichst eigenständig arbeiten und innovieren kann". Unter dem Motto "Product Orientation and Agility for new Capabilities at EOS", kurz PACE, startete Nolting Anfang 2016 eine großangelegte Restrukturierung, und zwar nach agilen Methoden.

Nolting verpackte sie in fünf Pakete:

  • Durchführung eines Transformationsprojektes: Vor PACE folgte die IT dem klassischen Plan-Design-Build-Run. Nolting wollte hin zu einer interdisziplinären, produktorientierten Arbeitsweise. "Das Ziel war eine IT-Organisation mit 32 Kernprodukten und mehr als 20 Produktverantwortlichen, die mit einer End-to-End-Verantwortung von der Kundenschnittstelle über die Software-Entwicklung bis hin zum Applikationsbetrieb Lösungen für ihre Kunden entwickelt", erklärt der promovierte Wirtschaftsinformatiker.

  • Einführung einer produktbasierten Leistungsverrechnung: Nolting ist der Meinung, dass unternehmerisches Denken und Handeln eine gute Grundlage für InnovationInnovation und Erfolg sind. Eine Denke, die er auch seinen Mitarbeitern zutraut. Produktbasierte Leistungsverrechnung heißt: Jedes Produkt muss sich selbst refinanzieren. Jeder Product Owner nimmt die Hoheit über kaufmännische Entscheidungen selbst in die Hand. Alles zu Innovation auf CIO.de

  • Implementierung eines übergreifenden KPI-Dashboards: Dieser Punkt setzt den Rahmen für den vorhergenannten. Denn trotz der Verlagerung der kaufmännischen Verantwortung von zentralen Einheiten in die Produktteams muss die Geschäftsführung weiterhin übergreifende Themen managen und übergreifende Ziele steuern. Daher führte Nolting ein übergreifendes Dashboard ein, das sich am Konzept der Balanced Scorecard orientiert.

  • Aufsetzen eines Management Development Programms: Der EOS Geschäftsführer war sich bewusst, dass das Schaffen neuer Strukturen auch einen Mentalitätswandel erfordert. "Die Befähigung der Mitarbeiter beziehungsweise der zukünftigen Product Owner war ein elementarer Bestandteil des Projektes", sagt Nolting. Zudem sollte ein gemeinsames Verständnis zu modernen Arbeitsweisen und Technologien entwickelt werden, um nicht zwingend notwendige Diskussionen im Alltag abzukürzen und stattdessen die Energie in die Produktenwicklung zu stecken. Unterstützt von der internen Personalentwicklung schickte er daher alle 27 Führungskräfte insgesamt zehn Tage auf ein eigens für diesen Zweck konzipiertes Schulungsprogramm.

  • Entwickeln und Ausrollen von Prototypen der neuen Organisation: Rein in die Praxis - Nolting übernahm noch im laufenden Change-Projekt neu entwickelte Produkte in den Live-Betrieb. Als Beispiele nennt er eine zentrale Analytics-Plattform und ein Serviceportal für die EOS Gruppe sowie eine Kollaborationsplattform für circa 5.000 Mitarbeiter zum Jahreswechsel 2016/17.

"Manche haben Verantwortung verloren"

Nolting weiß, dass sich nicht jeder Beteiligte als Sieger fühlt. "Manche haben Verantwortung verloren", stellt er fest. Gerade den Shift hin zu den autarken Teams beschreibt er als schwierig: "Eine wesentliche Herausforderung war das richtige Ausbalancieren von dezentraler Eigenständigkeit und der Sicherstellung einer zentralen und effektiven Umsetzung der IT-Governance", so sein Fazit. Seiner Meinung braucht Agilität eine transparente Gesamtstrategie, gemeinsame Spielregeln und verlässliche Rahmenbedingungen.

Das Projekt ging am 1. September 2016 live. Seitdem arbeiten die Produktteams erfolgreich in der Praxis. Nolting hat viel positives Feedback erhalten - nicht zuletzt durch die hohe Platzierung beim CIO des Jahres 2017. Nicht nur die Kundenzufriedenheitsraten sind gestiegen, sondern auch die Bewerberzahlen. Dem Arbeitgeber-Image hat die Restrukturierung offenbar gut getan, Stichwort Employer Branding. "Ich habe aufgrund der attraktiven IT-Produkte und IT-Organisation extrem gute Leute in der IT eingestellt", so der Geschäftsführer. In Zahlen spricht er von 50 neuen Mitarbeitern im vorigen Jahr.

Nolting schmunzelt: "Das Kerngeschäft unseres Unternehmens, Inkasso, ist auf den ersten Blick nicht sehr sexy. Aber wenn man klasse IT-Produkte baut, kommen die Leute auch!"

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