Nachhaltigkeitsstrategie

Mit IT den CO2-Footprint minimieren

Björn Orth gründete 2014 die VENDOSOFT GmbH mit der Idee, das Konzept des Gebrauchtwarenhandels auf den Softwaremarkt zu übertragen. Heute betreut sein Unternehmen über 6000 mittelständische Kunden bei der Lizenzierung mit Microsoft. Ziel ist es, Organisationen einen günstigen Zugang zu Software zu ermöglichen.
Ab 2024 brauchen Betriebe eine Nachhaltigkeitsstrategie, um ökologische und soziale Auswirkungen ihres Handelns nachzuweisen. Auch die IT ist gefordert.
  • Für wen ist die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) verpflichtend?
  • Welchen CO2-Footprint hinterlassen Soft- und Hardware?
  • Wie bestimmt Software die Nutzungsdauer von Hardware?
  • Tipps für Unternehmen, ihre IT nachhaltiger zu machen.
Laut Angaben des Statistischen Bundesamts wurden 2020 knapp über 1 Million Tonnen Elektroschrott gesammelt. Damit lag Deutschland mit einer Sammelquote von 44,1 Prozent deutlich unterhalb des vorgegebenen Ziels von 65 Prozent. Ab 2024 müssen Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsbemühungen öffentlich machen.
Laut Angaben des Statistischen Bundesamts wurden 2020 knapp über 1 Million Tonnen Elektroschrott gesammelt. Damit lag Deutschland mit einer Sammelquote von 44,1 Prozent deutlich unterhalb des vorgegebenen Ziels von 65 Prozent. Ab 2024 müssen Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsbemühungen öffentlich machen.
Foto: KPixMining - shutterstock.com

Um die Klimaziele von Paris zu erreichen, werden Wirtschaftsunternehmen in Zukunft wesentlich stärker in die Verantwortung genommen. Darauf haben sich kürzlich das Europäische Parlament und die EU-Regierungen verständigt. Die Ausweitung der bisherigen Nachhaltigkeitsberichterstattung (Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD) verpflichtet Firmen in ganz Europa, die Auswirkungen ihres Wirtschaftens auf Mensch und Natur offenzulegen.

Das neue Gesetz ist einer der Eckpfeiler des europäischen Green Deal. Er soll helfen, die Netto-Emissionen von Treibhausgasen in der Europäischen Union bis 2050 auf null zu reduzieren. Damit würde die EU als erster Kontinent klimaneutral werden. Greenwashing, also Imagepflege mit umweltfreundlichen Marketing-Botschaften ohne hinreichnede Grundlage, wird damit ein Ende gesetzt und eine gemeinsame Basis für CSR-Berichtsstandards geschaffen. Nach ihrer Verabschiedung auf EU-Ebene muss die Richtlinie nun bis zum 01. Dezember 2022 in nationales Recht umgesetzt werden.

Lesetipp: Accenture, BMW, Nestlé - Klimaversprechen großer Unternehmen von geringer Integrität

Nachhaltigkeitsstrategien decken CO2-Emissionen der IT auf

Wenn das Gesetz in den Mitgliedsstaaten in Kraft tritt, wird es auch für Betriebe in der DACH-Region notwendig, sämtliche Handlungsfelder auf ihre sozialen und ökologischen Auswirkungen zu überprüfen. Dabei hilft eine Nachhaltigkeitsstrategie. Sie beleuchtet alle Geschäftsbereiche - auch solche, die bei der Betrachtung von Ökobilanzen üblicherweise keine Beachtung finden. Zum Beispiel die IT.

Statten sich Unternehmen mit Soft- und Hardware, Servern und Lizenzen aus, spielen CO2-Emissionen nur selten eine Rolle. Dabei steckt hier ein enormes Einsparpotenzial. Wird es genutzt, trägt die IT dazu bei, die Ökobilanz eines Unternehmens zu verbessern - und damit die Klimaschutzziele zu erreichen.

In diesem Artikel erfahren CIOs und IT-Verantwortliche daher:

  1. für wen die Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung gilt;

  2. welchen CO2-Fußabdruck Soft- und Hardware hinterlässt;

  3. wie Software die Nutzungsdauer von Hardware bestimmt - und warum das die Umwelt belastet;

  4. was Unternehmen tun können, um ihre IT nachhaltiger zu machen.

Für wen gilt die Offenlegungspflicht zur Nachhaltigkeit?

Zur Nachhaltigkeitsberichterstattung nach CSRD-Standard sind ab Januar 2024 börsennotierte Unternehmen, Banken und Versicherungen mit mehr als 500 Mitarbeitern und einer Bilanzsumme von mindestens 20 Millionen Euro oder Umsatzerlösen von mindestens 40 Millionen Euro verpflichtet. Die heutige Vereinbarung sieht vor, dass die Informationen, die Unternehmen über ihre Auswirkungen auf das Klima und die Menschenrechte bereitstellen, von unabhängigen Stellen geprüft und zertifiziert werden.

Ab 2025 gilt dasselbe für alle großen Unternehmen. Diese sind in den Rechnungslegungsrichtlinien der EU mit mehr als 250 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 40 Millionen Euro (20 Millionen Euro Bilanzsumme) definiert, unabhängig davon, ob sie börsennotiert sind oder nicht. Schätzungen zufolge fallen allein in Deutschland gut 20.000 Firmen in diese Kategorie.

Für kleine und mittelständische börsennotierte Unternehmen (KMU) wird es ab 2026 ernst. Für sie gelten jedoch weniger strenge Berichtsstandards. Bis 2028 bleibt ihnen sogar die Möglichkeit, sich freistellen zu lassen. Allerdings wäre das nicht unbedingt ratsam, denn große Unternehmen und Konzerne werden zukünftig einen Nachhaltigkeitsbeweis von ihren Dienstleistern verlangen. Betriebe innerhalb der Lieferkette, die ihnen die Ökobilanz "verhageln", könnten dann durch nachhaltig agierende Dienstleister ersetzt werden.

Nicht-EU-Unternehmen müssen ab 2028 die Berichterstattungsregeln befolgen, wenn sie "in erheblichem Umfang" in der EU tätig sind. Gemeint sind mehr als 150 Millionen Euro Jahresumsatz, die im europäischen Markt erwirtschaftet werden.

Der CO2-Verbrauch von Hardware

Die IT spielt bei den von Wirtschaftsunternehmen verursachten CO2-Emissionen eine größere Rolle, als man ihr auf den ersten Blick zusprechen würde. Das macht ein Passus im aktuellen Koalitionsvertrag der Bundesregierung deutlich. Darin heißt es: "Wir werden Rechenzentren in Deutschland auf ökologische Nachhaltigkeit und Klimaschutz ausrichten, unter anderem durch Nutzung der Abwärme. Neue Rechenzentren sind ab 2027 klimaneutral zu betreiben." Das ist ein guter und richtiger Schritt zu mehr Nachhaltigkeit in der IT.

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Es gibt darüber hinaus weitere Ansätze, die in jedem Unternehmen umgesetzt werden können - und die zugleich viel Geld sparen. Ich spreche von der Nutzungsdauer von Computern, Servern und anderer Hardware. Im beruflichen Kontext kommen diese Geräte oft nur drei oder vier Jahre zum Einsatz. Bedenkt man, dass ein Desktop PC von der Rohstoffgewinnung über die Produktion und Nutzung bis hin zu Recycling und Restmüllentsorgung Treibhausgase in Höhe von rund 700 Kilogramm CO2 verursacht, erscheint diese Praxis unverantwortlich.

Zum Vergleich: Ein nachhaltiger CO2-Fußbadruck liegt bei zwei Tonnen CO2 pro Kopf und Jahr. Darin enthalten sind der gesamte private Konsum, Kleidung, Fortbewegung, Reisen, Lebensmittel, einfach alles. Mit dem Austausch von nur zwei vom Arbeitgeber gestellten Geräten (nehmen wir einen Desktop PC und ein Tablet) wäre der Jahresverbrauch eines Mitarbeiters fast erreicht!

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Wie Software die Nutzungsdauer von Hardware bestimmt

Es gibt einen Grund, warum gewerblich genutzte Computer, Notebooks und Co. eine so kurze Lebensdauer erfahren. Im Fachjargon spricht man von 'Software-bedingter Obsoleszenz'. Damit ist der Austausch funktionstüchtiger Hardware gemeint, die noch keinerlei materialbedingte Schwächen aufweist. Größere Software-Upgrades machen die Geräte obsolet, weil sich die Systemanforderungen meist massiv erhöhen.

Beispielsweise benötigte das Microsoft-Betriebssystem Windows 10 vierzig Mal mehr Prozessorleistung, 250 Mal mehr Arbeitsspeicher und 320 Mal mehr Festplattenplatz als seine Vorgängerversion. Software-Upgrades zwingen in unnötig kurzen Abständen zu neuen Hardware-Käufen. Die seltenen Erden, giftigen Schwermetalle, Flammschutzmittel und das Plastik in den "Altgeräten" landen damit frühzeitig auf dem Müll.

So können Unternehmen ihre IT nachhaltig machen

Mit einer Nachhaltigkeitsstrategie gelangen Unternehmen schnell zu der Erkenntnis, dass der voreilige Austausch ihrer Hardware nicht nur extrem klimaschädlich ist, sondern auch unverhältnismäßig teuer. Ein Weg aus der Software-bedingten Obsoleszenz ist die Lizenzoptimierung. Hierbei wird genau betrachtet, welche Mitarbeiter die jeweils neueste Lizenz einer Software tatsächlich für ihre Arbeit benötigen, und für welche Mitarbeiter das nicht der Fall ist.

Ein gutes Beispiel sind gekaufte Lizenzen von MicrosoftMicrosoft: Für sie stehen sechs bis zehn Jahre lang alle Sicherheits-Updates zur Verfügung. Ein Upgrade ist in dieser Zeit also nicht nötig, was den Produktlebenszyklus der verwendeten Hardware um denselben Zeitraum verlängert. Nutzt ein Unternehmen Office 2019 oder 2021 gar als gebrauchte Software, spart es dabei ganz nebenbei 50 bis 70 Prozent der Lizenzgebühren im Vergleich zu neuer Software oder Cloud-Modellen. Lizenzoptimierung leistet damit einen wesentlichen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit. Gleichzeitig spart sie viel Geld, weil deutlich seltener Soft- und Hardware neu angeschafft werden muss. Alles zu Microsoft auf CIO.de

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Jetzt aktiv werden

Viele Firmenlenker versäumen derzeit, personelle Ressourcen und eine tragbare Nachhaltigkeitsstrategie aufzubauen. Spätestens ab 2024 werden sie jedoch handeln müssen, um entweder selbst die Compliance-Vorgabe der EU zu erfüllen, oder aber den Vorgaben ihrer Großkunden zu genügen.

CIOs können einen Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit leisten, indem sie:

  1. bei der Wahl des Rechenzentrums auf dessen Energieeffizienz achten;

  2. eigene Rechenzentren auf Strom aus erneuerbaren Energien umstellen;

  3. unnötige Software-Upgrades vermeiden;

  4. Hardware länger einsetzen;

  5. auf gebrauchte Software umstellen.

Damit schont IT wertvolle Ressourcen und trägt zum verantwortungsvollen, zukunftsorientierten Handeln eines Unternehmens bei. Das kann schon bald zum wichtigen Faktor bei der Wahl eines Dienstleisters oder Produktanbieters werden. (bw/jd)

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