Human Resources

8 Merkmale von Widerstandskraft

Birgit Huber-Metz ist Geschäftsführerin von Balance fürs Leben mit Sitz bei Koblenz.

Diesen Zusammenhang haben viele Unternehmen erkannt. Deshalb orientieren sich ihre Präventionskonzepte heute nur noch selten am klassischen Ziel der betrieblichen Gesundheitsförderung. Ihnen liegt vielmehr ein positives Präventionsverständnis zugrunde, das sich an Zielen wie Steigern der Vitalität und Lebensfreude oder mehr Selbstbestimmung über die eigenen Lebensumstände orientiert.

Entsprechend boomten im vergangenen Jahrzehnt jene Maßnahmen, die darauf abzielten, die Work-Life-Balance der Mitarbeiter zu wahren – angefangen bei Seminaren über Stress-Management bis hin zu Entspannungskursen. Zudem offerieren die Betriebe ihren Mitarbeitern heute mehr Möglichkeiten, ihre Arbeitszeiten flexibel zu gestalten. Auch solche Angebote wie eine Betreuung der Kinder oder Angebote zur Kurzzeitpflege von Angehörigen sind inzwischen zumindest in Großunternehmen nicht ungewöhnlich.

Das alles sind wichtige und zielführende Maßnahmen zum Aufrechterhalten der Lebensbalance und somit auch der Leistungskraft der Mitarbeiter. Doch inzwischen erkennen die Unternehmen: Allein mit ihnen kommen wir nicht zum Ziel, denn die Faktoren, die bei unseren Mitarbeitern vielfach Stress auslösen, können wir nur bedingt beheben.

So ist es zum Beispiel eine Fiktion anzunehmen, der Wettbewerbs- und Veränderungsdruck, der auf den Unternehmen lastet, werde in den kommenden Jahren sinken. Also wird auch die Arbeitsbelastung der Mitarbeiter steigen – ebenso der auf ihnen lastende Druck, sich neuen Herausforderungen zu stellen und eine große Verhaltensflexibilität zu zeigen. Daraus folgt: Die Mitarbeiter müssen künftig einerseits über die Fähigkeit verfügen, auch in Stresszeiten, wenn es bei ihnen mal beruflich oder privat heiß hergeht, ihre Lebensbalance zu wahren, und andererseits mit neuen Herausforderungen, vor denen sie beruflich oder privat stehen, produktiv umzugehen. Und beim Entwickeln dieser Fähigkeiten müssen die Unternehmen ihre Mitarbeiter unterstützen.

Erkenntnisse aus der Forschung

Zu Hilfe kommt den Unternehmen dabei, dass man nicht nur im Betriebsalltag immer wieder registriert: Menschen reagieren auf dieselbe Belastung unterschiedlich. Während zum Beispiel ein Mitarbeiter wegen der "stressigen Arbeitsbedingungen" nach einiger Zeit einen Burn-out erleidet und für längere Zeit ausfällt, klagt sein Kollege zwar auch, doch dann macht er sich wieder beschwingt ans Werk.

Warum dies so ist, damit beschäftigt sich die sogenannte Resilienzforschung und kommt zum Schluss: Manche Menschen haben offensichtlich eine höhere Widerstandsfähigkeit als andere Menschen. Sie haben, bildhaft gesprochen, eine "dickere Haut", wenn es um den Umgang mit herausfordernden Situationen geht. Deshalb perlen Belastungen an ihnen scheinbar ab, während sie bei anderen zu einem permanenten Gefühl der Überforderung und mittelfristig zu einem Burn-out führen.

Wie können wir unsere Mitarbeiter dabei unterstützen, ihre Resilienz, also Widerstandskraft, zu erhöhen? Diese Frage stellen sich denn auch immer mehr Unternehmen. Und zunehmend werden in den Betrieben erste Konzepte zur Förderung der Resilienz der Mitarbeiter realisiert. Ihnen liegt zumeist die Erkenntnis aus der Resilienzforschung zugrunde, dass Menschen, die eine Widerstandsfähigkeit haben, in der Regel über acht Eigenschaften beziehungsweise Persönlichkeitsmerkmale verfügen.

1. Positives Denken:
Widerstandsfähige Menschen reagieren auf neue An- und Herausforderungen nicht panisch. Sie denken vielmehr: Irgendwie schaffe ich das schon – auch wenn ich noch nicht weiß wie.

2. Selbstwertgefühl:
Widerstandsfähige Menschen glauben an sich und an das, was sie tun.

3. Problemlösefähigkeit:
Widerstandsfähige Menschen denken lösungsorientiert. Sie planen ihre Zukunft statt ihr besorgt entgegen zu schauen.

4. Selbstverantwortung:
Widerstandsfähige Menschen nehmen ihr Leben beziehungsweise Schicksal in die Hand. Sie lassen sich nicht in eine Opferrolle drängen.

5. Selbstwirksamkeit:
Widerstandsfähige Menschen akzeptieren (negative) Dinge und Umstände zunächst, so wie sie sind. Sie lassen diese aber nicht so, wie sie sind. Sie verändern sie.

6. Soziale Kompetenz:
Widerstandsfähige Menschen schotten sich bei Stress nicht ab. Sie bleiben vielmehr in einem Dialog mit ihrer Umwelt und bitten bei Bedarf um Unterstützung oder organisieren sich die nötige Unterstützung selbst.

7. Achtsamkeit:
Widerstandsfähige Menschen haben ein ausgeprägtes Gespür für sich selbst. Sie wissen, was ihnen (nicht) gut tut, und spüren, wann sie an ihre Belastungsgrenzen stoßen.

8. Stressbewältigungsstrategien:
Widerstandsfähige Menschen haben für sich Strategien entwickelt, um auch in Stresszeiten für die nötige Entspannung zu sorgen und, soweit möglich, die Balance in ihrem Leben zu wahren.

Die Resilienzforschung zeigt auch: Die genannten Fähigkeiten und Eigenschaften schlummern eigentlich in (fast) allen Menschen. Ohne eine externe Unterstützung fällt es vielen Menschen aber schwer, diese zu aktivieren. Denn dies setzt ein Bewusstsein darüber voraus: Wie reagiere ich regelmäßig in gewissen Situationen? Zum Beispiel bei neuen Herausforderungen? Oder wenn wichtige Entscheidungen anstehen? Des Weiteren: Warum reagiere ich so und nicht anders?

Selbstachtsamkeit erhöhen

Diese Fragen kann sich jeder Mensch zumindest theoretisch auch allein stellen. Doch faktisch tun dies viele Menschen nicht. Und wenn doch? Dann finden sie allein oft nicht die richtigen Antworten. Zum Beispiel, weil sie gar nicht registrieren, dass sie in vergleichbaren Situationen stets ähnlich reagieren. Oder weil ihnen ihr Verhalten als so selbstverständlich erscheint, dass sie sich gar nicht vorstellen können, anders zu reagieren. Deshalb stellen Unternehmen, die ihre Mitarbeiter beim Steigern ihrer Resilienz unterstützen möchten, diesen oft einen professionellen Sparringspartner zur Seite. Er unterstützt sie dabei, ihre Denk- und Verhaltensmuster zu erkennen und gegebenenfalls zu verändern.

Ein weiteres Ziel dieser Unterstützung ist es, die sogenannte Selbsachtsamkeit der Mitarbeiter zu erhöhen. Das heißt, die Sensibilität der Teilnehmer dafür soll erhöht werden, rechtzeitig zu erkennen, wann sie zum Beispiel aufgrund der Arbeitsmenge oder der vielen Herausforderungen in eine Situation geraten, in der die Gefahr besteht, dass sie nicht nur gefordert, sondern auch überfordert werden. Denn dann können sie meist noch gegensteuern und sich zum Beispiel noch rechtzeitig Hilfe (beispielsweise durch Kollegen oder Vorgesetzte) organisieren, so dass ein Burn-outBurn-out vermieden wird. Alles zu Burnout auf CIO.de

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