Strategien


Streitgespräch

ITIL ist nicht die komplette Antwort

08.11.2004
Berater und Hersteller preisen die Methode in höchsten Tönen, wenn auch oft aus Marketinggründen. Doch liefern die Bücher wenig konkrete Hilfe, wenn CIOs viele externer Dienstleister für ihre Services managen und Messgrößen festlegen müssen.

CIO: Herr Mendel, 2002 haben Sie geschrieben, ITIL ist die falsche Antwort auf die richtige Frage. Warum?

Thomas Mendel: ITIL hilft CIOs nur bedingt, interne IT-Services zu erstellen: Die Problembehebung dauert zu lang, CIOs investieren kaum noch Geld in ProjekteProjekte, und die IT muss komplette Services, End-to-End-Services, liefern. Viele Berater und Hersteller erwecken den Eindruck, CIOs können alle drei Fragen mit ITIL in einem Aufwasch erledigen. Das ist natürlich zu viel verlangt. Alles zu Projekte auf CIO.de

Jutta Blessin: Gerade bei der Problembehandlung bietet ITIL sehr gute Ansätze. Auch bei End-to-End-Services schafft ITIL Nutzen durch klar strukturierte Prozesse im Support und bei den Delivery-Funktionen. ITIL löst die Probleme allerdings nicht komplett.

Mendel: Das hat einen historischen Grund: Die ITIL-Entwicklung begann vor 20 Jahren, und es gibt erst eine zweite Version der Bücher. Deshalb kommen Themen wie Extended Enterprise, Extended Value Chain und Internet nicht vor. Heute kaufen CIOs für IT-Services meist Komponenten von Dienstleistern ein. Auch sitzen Anwender wie Geschäftspartner oder Außendienstmitarbeiter nicht mehr im Unternehmen. Das kommt bei ITIL alles nicht vor.

Blessin: Richtig, in den ITIL-Büchern steht nicht, dass man das prinzipiell anders macht, je nachdem, ob man den Prozess intern abdeckt oder Teile zukauft. Es ist auch nicht der Anspruch von ITIL, verschiedene Geschäftsmodelle abzudecken. Der ITIL-Prozess funktioniert über klar definierte Rollen; dass einige Aufgaben und Rollen durch Verträge abgedeckt werden, ändert nichts am Prozess.

Mendel: Sehr viele CIOs stehen genau vor diesem Problem und denken, ITIL liefert die Lösung. Um End-to-End-Modelle anzubieten, müssen CIOs unterschiedliche Partner in ein Servicemodell integrieren. ITIL bildet allerdings kein Multi-Provider-Modell ab.

Blessin: ITIL ist wie folgt strukturiert: Man stellt eine interne IT so auf, dass sie wie eine externe funktionieren könnte. Gerade durch klar beschriebene Prozessschritte und Verantwortlichkeiten wird die Service-Erbringung unabhängig davon, wer welchen dieser Schritte übernimmt. Underpinning Contracts binden Dienstleister ein, die genau definierte Teilschritte des Prozesses und klar abgegrenzte Rollen übernehmen.

Mendel: Es ist nur ein Unterschied, ob ich Leistungen zukaufe oder ob ich in der Lage bin, meine IT-Produkte so zu beschreiben, dass ich alle notwendigen Komponenten für einen Service erbringen und einem Service zuordnen kann. Außerdem müssen IT-Abteilungen Änderungen in den Komponenten jederzeit dokumentieren.

Blessin: ITIL behandelt das. Im Servicekatalog definiere ich die Produkte, egal ob ich sie selbst erstelle oder ob ich sie kaufe. Wichtig sind auch Messkriterien für die einzelnen Produkte, denn den Gesamtvervice kann ich nur bewerten, wenn ich die einzelnen Module messe. Auf das notwendige Messen weist ITIL verstärkt hin.

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