Abrupter Abschied von R/2

Anlagenbau unter Druck

Riem Sarsam war Redakteurin des CIO-Magazins.
Atlas Copco Energas migriert entgegen der SAP-Empfehlung von R/2 direkt auf R/3 Enterprise Version 4.7. Die Maschinenbauer wechseln obendrein im Big-Bang-Verfahren zur Client-Server-Lösung.

Aus den Hallen strömt der Geruch von Öl und Metall. Maschinen lärmen. Ingenieure schrauben an den riesenhaften Turbokompressoren für Prozessluft und -gase sowie an Turboexpandern für Tieftemperatur, Prozess- und Erdgasanwendungen. Zu den Kunden der Atlas Copco Energas (ACE) zählen die chemische IndustrieIndustrie, Kraftwerke oder die Öl- und Gasindustrie. "Wir sind ein Projekt-, kein Serienfertiger", erklärt Qualitätsmanager Uwe Menter, "es kommt alle Jubeljahre mal vor, dass wir dieselbe Maschine zweimal bauen." Top-Firmen der Branche Industrie

Folglich scheuen sich die ACE-Manager auch nicht, in der IT einmalige Lösungswege zu gehen. Seit fast 20 Jahren setzen die Kölner SAPSAP R/2 ein. Jetzt migriert das Unternehmen ohne Zwischenschritte auf R/3 Enterprise Release 4.7. Das ist kein leichtes Unterfangen: Die alte Lösung unterstützte die spezifischen Anforderungen eines Einzelfertigers nur bedingt, daher wurden in der Vergangenheit viele Anpassungen und Erweiterungen am Kernsystem vorgenommen. Daneben integrierte ACE eine Reihe verschiedener Fremdapplikationen, unter anderem Paisy für die Personalverwaltung oder Inteps für die Konstruktionssteuerung. Alles zu SAP auf CIO.de

Nach dem Willen der schwedischen Muttergesellschaft, dem schwedischen Industriekonglomerat Atlas Copco A.B., sollen die selbst gestrickten Anwendungen jetzt nicht nur in Köln, sondern konzernweit durch Standardfunktionen ersetzt werden. Zentralisieren und Outsourcen lautet die Devise der Schweden, die sie 2003 im Rahmen einer auf 20 Jahre ausgelegten IT-Strategie beschlossen haben. ACE übernimmt hierbei eine Vorreiterrolle für den Gesamtkonzern. Für die Kölner war der Druck besonders hoch, da SAP ab Ende dieses Jahres R/2 nicht mehr unterstützen wird.

Umweg über R/3 4.6c entfällt

Als Berater holten sich die Kölner das Unternehmen Uniorg aus Dortmund ins Haus. "Entscheidend war das Uniorg-Konzept, das entgegen der Empfehlung von SAP die direkte Migration auf das aktuelle R/3 Release 4.7 gewährleistet", begründet Menter, dem auch die Leitung des Projektes obliegt, seine Wahl. "Damit entfällt der Umweg über das Release 4.6c, was dann später wieder zu einem zusätzlichen Aufwand geführt hätte." Dass SAP selber diesen Weg zunächst kritisch kommentierte beziehungsweise keine Garantie für ein Gelingen bieten wollte, ärgert die Kölner im Nachhinein. Erst nachdem mit der Deutsche Bahn AGDeutsche Bahn AG ein prominenter Kunde von R/2 gleich auf Mysap ERPERP umstieg, wurden die Töne aus Walldorf versöhnlicher. Top-500-Firmenprofil für Deutsche Bahn AG Alles zu ERP auf CIO.de

Bei aller Kritik räumt jedoch auch SAP ein, dass die geringe Zahl der noch verbliebenen R/2-Kunden den Aufwand zur Entwicklung der Migrations-Tools nicht gelohnt hätte und man diese zudem nicht mehr rechtzeitig zur Verfügung hätte stellen können. "Die Tools hätten frühestens im ersten Quartal 2004 zur Verfügung gestanden" so die Walldorfer auf Anfrage. "Der dann noch zur Verfügung stehende Zeitraum hätte nicht mehr ausgereicht, um ein Migrationsprojekt vernünftig vor Ende des Produktlebenszyklus von R/2 (31.12.2004) zu beenden."

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