Strategien


Schwerpunkt Desktop: Streitgespräch zu Thin-Clients

Spardose der Zukunft?

03.11.2003
Nach Schätzung der Marktforscher von IDC wird der weltweite Absatz von Thin-Clients in den nächsten Jahren um durchschnittlich 23 Prozent wachsen. 2007 sollen dann 3,4 Millionen Netzcomputer ohne lokalen Speicherplatz verkauft werden - mehr als doppelt so viele wie in diesem Jahr (1,5 Millionen). Paul Schwefer, CIO von Continental, diskutiert mit Peter Möller, CIO der Hannoveraner Verkehrsbetriebe, ob Thin-Clients wirklich Geld sparen.

CIO: Herr Möller, Sie haben gerade die ersten 60 Thin-Clients installiert. Wo sparen Sie mit den Netzcomputern?

Möller: Wir steuern die Verkehrsbetriebe Minden Ravensberg aus der Zentrale in Hannover. Wartung und Instandhaltung kosten uns in diesem Tochterunternehmen jetzt weniger als bei Fat-Clients. Da hätte uns die Betreuung 1,5 FTE (Full-time equivalent, Anm. d. Red.) gekostet. So kommen wir mit den vorhandenen Ressourcen aus.

Sparen Sie auch bei der Hardware?

Möller: Die Kosten unterscheiden sich im Einkauf nur um 100 Euro - rein physikalisch. Das spielt für uns keine Rolle.

Schwefer: Jedes Mal, wenn wir zu Desktops eine Ausschreibung gemacht haben, mussten wir feststellen, dass die Total Cost bei den Thin-Clients am Ende höher war als bei den Fat-Clients.

Woran liegt das?

Schwefer: Zum einen können Sie leichter Preisreduzierungen erreichen, wenn Sie viele Fat-Clients auf einmal einkaufen. Wir werden jetzt wahrscheinlich alle unsere 25 000 Desktops auf einen Schlag austauschen.

Nur wegen der Mengenrabatte?

Schwefer: Das Managen der Prozesse bringt am Ende den Effekt. Dadurch, dass wir ein einheitliches Asset-Management haben, einheitliche Software und einheitliche Hardware, können wir schneller Prozesse ändern.

Möller: Sie sprechen da einen wichtigen Punkt an: Wir können die Außenstellen bei der Softwareverteilung nicht mehr angemessen bedienen. Schon die Updates und Release-Wechsel sind zu kompliziert.

Schwefer: Dass der Thin-Client vielleicht den Prozess vereinfacht, indem er nur bestimmte Lösungen zulässt, ist sicherlich unstrittig. Aber ich schränke mich dabei zu sehr ein. Ich kann eben nicht ausschließen, dass ich in bestimmten Bereichen in den nächsten drei Monaten Applikationen brauche, die mit dem Thin-Client dann nicht mehr gehen. Es wäre fahrlässig, wenn ich mich dabei in der Struktur festgelegt hätte.

Möller: Wir setzen die Thin Clients ja auch nicht flächendeckend ein. Nicht alle Applikationen können zurzeit in dieser Form abgebildet werden.

Schwefer: Es gibt noch einen anderen Punkt: Der Fat-Client macht im Sicherheitskonzept Sinn. Wenn da mal eine Applikation klemmt, dann ist eben nur ein Desktop betroffen. In der Thin-Struktur haben Sie beim Server einen Single Point of Failure. Sie können die Clients nicht mehr als ein Stück Backup nutzen. Außerdem reden wir bei uns über 20 bis 30 Prozent Laptops. Da bin ich sowieso auf die Fat-Struktur angewiesen.

Möller: Der größte Feind des Systems ist der Laptop. Wir alle kennen das Problem, dass lokal schnell mal ein Programm aufgespielt wird, das dann zu Abstürzen führt. Deshalb sind wir der Meinung, dass die Client-Server-Landschaft so auf Dauer nicht handhabbar ist. Wir werden uns in den nächsten zehn Jahren in eine Browser-orientierte Welt entwickeln, die mit Browser-tauglichen Thin-Clients am einfachsten zu steuern ist.

Schwefer: Wenn das so wäre, dann müssten wir uns über das Thema gar nicht mehr unterhalten. Ich denke jedoch, dass es nicht so schnell gehen wird. Bis wir uns in einer Browser-orientierten Welt bewegen, werden wir sicher noch drei bis vier Mal die Endgeräte auswechseln.

Möller: Wir können es uns nicht leisten, so lange zu warten.

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