Mut zur Informationslücke

Abschalten, bevor das Hirn raucht

Reppesgaard studierte in Hannover und arbeitete danach als Reporter und Moderator bei Hörfunk von Radio Bremen zu innen- und jugendpolitischen Themen und in den Bereichen Technologie und Wissenschaft. Seit dem Jahr 2000 lebt er in Hamburg, seit 2001 arbeitet er mit Christoph Lixenfeld im druckreif Redaktionsbüro zusammen.

Wie aber können CIOs die Informationsmengen für sich und ihre Mitarbeiter so reduzieren, dass alles Nötige verfügbar ist, der Overkill aber vermieden wird? Softwareanbieter sind schnell bei der Hand, Business-Intelligence-Lösungen und Unternehmenssuchmaschinen als Gegenmittel anzupreisen. Doch auch der beste Filter und das eleganteste grafische Unternehmenssteuerungs-Cockpit entheben niemanden von der Pflicht, selbst das Notwendige vom Überflüssigen zu trennen. "Wer ausschließlich technisch denkt, kriegt die Informationsflut nicht in den Griff", sagt Arbeitsexperte Gunter Meier vom Beratungsunternehmen More E+E in Nürnberg.

Unnötiges gehört in den Müll

Meier plädiert dafür, bewusst die Zahl der Informationsquellen zu reduzieren und in Kauf zu nehmen, auch Input zu verpassen. "Dafür brauche ich ein Raster im Kopf, um festzustellen, welche Informationen dafür wichtig sind und welche nicht", sagt der Arbeitsforscher. Sinnvoller als das Sammeln von Informationen sei es, sich mehr Zeit zum Entscheiden zu nehmen.

Zu dieser Strategie gehört der Wille, ein unverlangt zugesandtes Magazin oder einen Prospekt ungelesen in den Müll zu werfen, anstatt darüber nachzudenken, ob nicht vielleicht doch etwas Interessantes drinstehen könnte. Dazu gehört aber auch der Mut, im Always-on-Zeitalter Informationen wenigstens zeitweise bewusst auszusperren. Beispiel E-Mail: Während früher einmal pro Tag die Post ausgeliefert wurde, werden die Menschen heute andauernd von Info-Happen gefordert, die ihre Aufmerksamkeit auf sich ziehen. "Man wird laufend bei dem, was man tut, unterbrochen", sagt Arbeitsforscher Soucek. Darunter leide nicht nur der Arbeitsfluss. Früher wurde verbindlich geplant und umgesetzt, heute würden die Abläufe permanent umstrukturiert. "Es treffen ständig neue Informationen ein", so Soucek. "Das zwingt die Mitarbeiter dazu, laufend neue Prioritäten zu setzen."

Vorsicht bei Newslettern

Mancher CIO wird da zum bekennenden Input-Verweigerer: Um die Ruhe zu haben, die er zum Arbeiten braucht, hat beispielsweise Markus Allgaier, seit dem Jahreswechsel als Vorstandsmitglied des Wein-Großimporteurs Mack & Schühle AG unter anderem für die IT verantwortlich, inzwischen alle Newsletter abbestellt, die er abonniert hatte. "Ich habe nicht das Gefühl, dass ich etwas verpasse", sagt er. Unverlangt zugesandtes Informationsmaterial ignoriert er aus Prinzip. "Das ist Zeitverschwendung." Ideen für neue IT-Projekte bekommt er auch so. Derzeit überlegt Allgaier, ob er Handhelds zum strategischen Bestandteil der Unternehmens-IT macht. Die Anregung dazu kam nicht von einem Kleinstcomputer-Hersteller. Allgaier griff die Idee nach Feierabend auf - beim Fernsehen.

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