IT-Tochterfirmen

Akute Absturzgefahr

02.06.2004

Der so genannte Early-Seller- oder First-Mover-Vorteil könnte auch die WestLB veranlasst haben, ihre Sourcing-Strategie möglichst schnell glattzuziehen: Die Hälfte der Mitarbeiter wird reintegiert, die restliche WestLB Systems wird samt Mitarbeitern, Management, dem Betrieb der IT-Infrastruktur und Applikationsentwicklung outgesourct. Die Rechenzentrumsfunktionen wurden bereits vor einem halben Jahr von T-Systems übernommen. IT-Vorstand Michael Geiger: "Ein entsprechendes Projekt zur Auswahl des künftigen Providers ist aufgesetzt. Der Verantwortungsübergang wird für den ersten Januar 2005 angestrebt. (siehe Interview Seite 60)

WestLB: Reintegrieren oder Outsourcen

Nicht nur Global Player stellen sich die Tochter-Frage. So denkt auch der IT-Direktor eines mittelständischen Produktionsbetriebes bei Hamburg darüber nach, ob es anderen Unternehmen seiner Größe wohl ähnlich geht. Der Betrieb mit insgesamt 600 Mitarbeitern hat sich 2001 vom Ausgründungsfieber anstecken lassen. Mit großen Erwartungen wurde ein Schild mit dem Namen der IT-Tochter an der Tür der IT-Abteilung angebracht. Doch die Hoffnungen haben sich nicht erfüllt. Es konnte kein nennenswertes Geschäft mit Dritten aufgebaut werden. Das Unternehmen, das lieber nicht genannt werden will, stellt sich jetzt die Frage: "Wofür das alles?" Die GmbH soll daher bis zum Jahresende wieder aufgelöst werden. Das Schild von der IT-Abteilungstür lässt sich fast spurlos wieder abmachen. Der IT-Leiter: "Alle arbeiten einfach weiter wie bisher."

Wie die Beispiele zeigen, besteht die Lösung häufig aus Mischformen der Optionen, so genannten "Combined Transactions". Bei einem Deal wie Triaton wird der Käufer IT-Dienstleister des Konzerns, das heißt, der Verkauf wird zu einem Fall von Outsourcing. Die Steuerung dieser Zusammenarbeit stellt hohe und für viele neue Anforderungen an das IT-Management des Verkäufers. Je stärker ein Unternehmen von fremden Dienstleistern abhängig wird, desto wichtiger ist dieser von vielen unterschätzte Aspekt, so das Ergebnis einer aktuellen Gartner-Studie.

Die Höhe des möglichen Verkaufserlöses hängt grundsätzlich von Laufzeit und Umfang des Outsourcing-Vertrags ab. Zusätzlich lassen sich gegebenenfalls noch strategische Kaufpreisprämien erzielen - je nach Nachfragesituation. "Vor einem Totalverkauf sollte man genau prüfen, an wen man sich möglicherweise langfristig bindet. Der erzielbare Preis sollte dabei nur ein Kriterium sein - und noch nicht einmal das wichtigste", warnt Kreutter von der WHU. Das IT-Know-how und die Leistungsfähigkeit des Käufers sollten dabei im Mittelpunkt stehen.

Dass derartige Veränderungsprozesse nur mit einem guten Change-Management gelingen können, wird häufig unterschätzt. Im Gegenteil, man scheint seine Fehler von damals liebgewonnen zu haben. Die Mitarbeiter sind in vielen Fällen auf einen Verkauf ebenso wenig vorbereitet, wie sie es auf die Ausgründung waren. "Schwierig, wenn das wirklich lautlos über die Bühne gehen soll", sagt auch Jürgen Stamm, Chef der IG-Metall Stuttgart. Zwar muss der Käufer aufgrund von § 613 a BGB die Mitarbeiter ein Jahr lang zu bisherigen Konditionen übernehmen, aber danach ist alles offen.

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