Umfrage: Wie Firmen mit Führungskräften in der Krise umgehen

Arbeitgeber missachten Fairness

15.06.2009
Von Eva Buchhorn und Klaus Werle

Anstand. Ein schönes Wort. Die Frage ist, welchen Wert es noch hat, heute, da Unternehmen Security-Mitarbeiter in die Schule schicken und die Kinder in Ungnade gefallener Führungskräfte zu den Reiseusancen des Papas befragen. Wo Taskforces in den Compliance-Abteilungen Spesenabrechnungen durchkämmen und Mitarbeiter über eventuelle Verfehlungen ihres Vorgesetzten ausfragen auf der Suche nach der Smoking Gun, die fristloses Feuern rechtfertigt. Wo Anwaltskanzleien wie Dr. Schreiner & Partner Seminare anbieten ("Kündigungsgrund: Auftragsrückgang"), in denen "Einflussnahmemöglichkeiten" auf die Sozialauswahl und "Vermeidung von Abfindungszahlungen" gelehrt werden. "Das Recht des Stärkeren liegt in der Natur einer jeden Sache", heißt es auf der Homepage. Kaum erstaunlich, dass ein Drittel der von der ULA Befragten der Aussage nicht zustimmen wollte, in ihrer Firma würden Alternativen zu und Unterstützung bei Trennungen "konstruktiv diskutiert".

Konfliktbeilegung entscheidend für Fusionserfolg

Im aktuell spektakulärsten Integrationsprozess der Republik hat sich die Commerzbank (Coba) vorgenommen, genau das zu tun: konstruktiv sein. Nach Übernahme der Dresdner (Dreba) fallen 9000 Jobs weg, 6500 davon im Inland. 1000 gelbe und grüne Banker wurden mit Integrationsaufgaben betraut. An der Fairness der Versuchsanordnung lässt Coba-Personalbereichsleiter Rainer Dahms keine Zweifel aufkommen: Alle Integrationsteams haben eine Doppelspitze, Topmanagementjobs wurden nach streng strukturierten Gesprächen vergeben, für schwierige Fälle wird es Outplacement-Angebote geben - das volle Gedeck also. "Hochgradig zufrieden" sei man bislang, sagt Coba-Personaler Dahms, "wir haben keine Spannungen".

Doch in der Dresdner Bank brodelt es. Mit Befremden registrierten die grünen Banker etwa die Mitteilung, man habe immerhin 40 Prozent der neu besetzten Managementposten auf der Ebene zwei den Dresdnern zugeschlagen. Unter den Tisch fiel dabei, dass diese Hierarchiestufe in der grünen Bank viel breiter besetzt war. Die Folge: Rund 80 Prozent der Ex-Ebene-zwei-Dresdner kamen nicht auf dem gleichen Level in der Coba an. Viele warten jetzt ohne konkrete Jobangebote auf den Abschluss der Interessenausgleichsverhandlungen im Sommer. Sicher ist: Neue Jobs für sie gibt es höchstens eine Stufe tiefer - dort droht die nächste Kandidatenschwemme.

Schon um die Besetzungslisten der zweiten Ebene sei "das Gerangel brutal gewesen", sagt ein Insider. "Wer es nicht schaffte, lebt nun in totaler Unsicherheit." Auch die Commerzbanker murren, vor allem mit Blick auf die vom Vorstand verkündete Streichung der Boni für 2008. Sie gilt für alle, außer für hochkarätige Dreba-Investmentbanker, die sich - schlau, schlau - ihre Millionenboni noch haben garantieren lassen.

Wie die Konflikte beigelegt werden, entscheidet letztlich auch über den Erfolg der Fusion. Denn eines macht die Bankenhochzeit klar: Fairness definiert sich nicht danach, ob entlassen oder gestritten wird. Sondern danach, wie Firmen mit den Streitpunkten umgehen.

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