Business Intelligence

Aufruhr in der Info-Destille

Holger Eriksdotter ist freier Journalist in Hamburg.
Zahlreiche Übernahmen haben in den vergangenen zwei Jahren die Käufer von Business-Intelligence (BI)-Lösungen verunsichert. Vom Datenbank- und ERP-Anbieter über ETL-, OLAP- und Data-Mining-Spezialisten bis zur kompletten BI- Suite aus einer Hand reicht das Angebot. Trotzdem: Wer einige Grundregeln beachtet, kann beim Kauf die schlimmsten Fehler vermeiden.

Standards, das weiß Patrick Keller vom Würzburger Marktforschungshaus BARC, sind des CIOs liebstes Kind. Bei der Entscheidung für eine BI-Lösung seien sie aber keineswegs immer die beste Wahl: "Während sich beispielsweise bei ERP-Systemen der Funktionsumfang der Anbieter in weiten Teilen überschneidet, liegen die verschiedenen Komponenten von BI-Systemen so weit auseinander, dass sie kaum vergleichbar sind." Auf etwa 200 bis 300 schätzt Keller die Zahl der Produkte, die sich weltweit in die Kategorie "Business IntelligenceBusiness Intelligence" - mit allen ihren Schattierungen - einordnen lassen. Trotz merklicher Marktkonsolidierung durch Aufkäufe und Übernahmen in den vergangenen Jahren kommen im deutschen Markt immer noch neue Anbieter hinzu. Alles zu Business Intelligence auf CIO.de

Auf der Anwenderseite führt die Vielfalt des Angebots keineswegs zu ungeteilter Freude: Unterschiedliche Einsatzbereiche und Möglichkeiten der Softwarelösungen, versteckte oder unterschiedliche Lösungsansätze und Technologien erfordern vom BI-Einsteiger sehr klare Vorstellungen darüber, welche Aufgaben er lösen will, was das BI-System leisten und in welche Hard- und Softwarelandschaft es eingepasst werden soll. Eine Aufgabe, die schon im Vorfeld einer genauen Abstimmung zwischen IT- und Fachabteilung bedarf. "Denn weder der Fachmann noch der IT-Experte sind allein in der Lage, das passende BI-System auszuwählen", schreibt Nigel Pendse in "How not to buy an OLAP product" auf www.olapreport.com. Der unabhängige Experte und intime Kenner des BI-Marktes ist bekannt dafür, dass er kein Blatt vor den Mund nimmt, wenn es darum geht, auf Schwächen der Anbieter hinzuweisen (siehe auch CIO, Dezember 2004: "SAP-BW ist geschenkt noch zu teuer").

Besser nichts vom Vertrieb erklären lassen

Die fehlende Koordination zwischen Fach- und IT-Abteilung ist dabei nur einer auf der langen Liste von Fehlern, die Anwender immer wieder bei der Planung von BI-Systemen machen. Auf keinem Fall solle man, so Pendse, sich die eigenen Bedürfnisse von den Vertriebsleuten des BI-Anbieters erklären lassen. Denn wer sich nicht schon vor dem ersten Kontakt mit dem Vertrieb über seine speziellen Anforderungen im Klaren ist, falle allzu leicht in die Hände gut geschulter Vertriebsmannschaften und ende nicht selten bei der Einschätzung, dass genau deren Produkt optimal auf seine Bedürfnisse passe. Nach seiner Erfahrung hängen die meisten Käufe eher von den Fähigkeiten der Vertriebsmannschaft ab als von der Qualität der Software oder davon, ob und in welchem Maße diese auf die Anforderungen passt.

Deshalb, so Pendse, müssen schon vor dem ersten Treffen mit einem Vertriebsmann alle wichtigen Eckdaten feststehen. Dazu gehört vor allem Folgendes:

- Versuchen Sie möglichst genau abzusehen, was die Anwender wirklich brauchen - und nicht das, was sie gerne haben wollen. Das heißt, Sie müssen genau verstehen, welche Aufgaben sie erledigen, welche Fähigkeiten sie haben und welche Informationen und Analysen ihnen helfen, produktiver zu arbeiten.

- Binden Sie die Endanwender in jeder Phase in das Projekt ein - von der Definition über Produktauswahl bis zur Implementation.

- Erwarten Sie von den Endanwendern nicht, dass sie exakt ihre Ansprüche beschreiben können - und zwingen Sie sie nicht, alle denkbaren Aufgaben vorherzusagen. (Daraus würde ein Liste entstehen, die unmöglich zu erfüllen ist.)

- Legen Sie nicht die Hardware- oder Storage-Architektur fest, bevor alle Business-Anforderungen vollkommen klar sind.

- Setzen Sie auf keinen Fall "Shelfware" ein, die aus vorangegangenen Projekten liegen geblieben ist.

Wachstum um sechs Prozent in 2005

Der deutsche Markt für BI, nach England der zweitgrößte in Europa, wird auch in Zukunft von Wachstum geprägt sein. Getrieben sind die BI-Investitionen auf der einen Seite von gesetzlichen Auflagen wie Sarbanes-Oxley, KonTraG oder Basel II. Auf der anderen Seite versuchen Unternehmen gerade in schwierigen Zeiten, mehr Transparenz zu erhalten, um sich damit verlässliche Planungsgrundlagen zu verschaffen. Nach einer Gartner-Umfrage unter 1300 CIOs in mehr als 30 Ländern wollen sie die Ausgaben für BI-Systeme dieses Jahr um sechs Prozent steigern. Die Meta Group ging in ihrer letztjährigen Studie sogar von einem durchschnittlichen Wachstum des deutschen BI-Markts von 16 Prozent über die nächsten Jahre aus, von 1,1 Milliarden Euro in 2004 auf 1,7 Milliarden in 2007.

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