Biometrische Verfahren im Betrieb

Augen auf am Firmentor

05.04.2004
Von Detlef Borchers

Entsprechende Lösungen zur Zugangskontrolle oder gar zum Kundenmanagement stecken indes noch in den Kinderschuhen. Schlechte Nachrichten aus verschiedenen Projekten sorgten im Zusammenhang mit dem Big-Brother-Image der Biometrie dafür, dass sich Unternehmen scheuen, Biometrie dort einzusetzen, wo sie sinnvoll ist. So ist die Biometrie eher für negative Schlagzeilen gut: Auf Flughäfen versagt die Gesichtserkennung, und auf Großbaustellen scheitern die Fahnder mit Fingerabdrucksystemen, die Schwarzarbeiter überführen sollen. Bei einer genaueren Analyse sind solche Fälle schnell erklärt: "Es gibt keine falsche, sondern nur den falschen Einsatz von Biometrie", sagt Manfred Bromba, der Firmen beim Einsatz von biometrischen Lösungen berät.

Bromba hat die Negativmeldungen genauer analysiert. In den meisten Fällen sind die Fehler offensichtlich, etwa beim SmartGate-System in Australien, mit dem das fliegende Personal der Fluggesellschaft Quantas kontrolliert wird. Nach einem Zwölf-Stunden-Flug sehen die Flugbegleiter schlicht schlechter aus als zu dem Zeitpunkt, als die Vergleichsbilder beim "Enrolment" gemacht wurden. Maurer, Tischler und andere Handwerker auf einer Baustelle müssen zupacken: Ihre Fingerabdrücke sind häufig unleserlich. Wer in solch einem Umfeld Fingerabdrucksysteme zur Identitätsprüfung einsetzt, hat den entscheidenden Fehler schon beim Projekt-Design gemacht.

Doch gibt es auch positive Beispiele, bei denen der Einsatz der Biometrie so selbstverständlich geworden ist, dass er fast nicht mehr wahrgenommen wird. Mechatronische Systeme schützen etwa die Computerzentrale einer Firma, wenn die Netzwerkadministratoren einen Finger auf die Türklinke legen müssen, um eingelassen zu werden. Oder sie tragen Fingerabdruckleser im Format einer Streichholzschachtel mit sich, in denen ein Transponder nach Identifizierung ein Signal an das Schließsystem sendet, die Tür zu öffnen. In großen Firmen oder solchen mit hohem Sicherheitsbedarf wird über Personenvereinzelungsanlagen nachgedacht. Was in der deutschen Sprache so schrecklich klingt, ist eine Konsequenz der Technik. Erst muss sichergestellt sein, dass nur ein einziger Mitarbeiter in der Anlage ist, dann kann die Biometrie mit der Vermessung beginnen.

Die ersten in Deutschland installierten Anlagen zeigen, dass die biometrische Kontrolle angenommen wird. Seit dem Jahre 2000 ist eine automatische Personenschleuse im Forschungszentrum Geesthacht in Betrieb. In dieser Großforschungseinrichtung wird ein Atomreaktor betrieben. Etwa 250 bis 300 Personen betreten werktags das Firmengelände und geben zunächst ihren Ausweis in ein Lesegerät, damit sich die Schleuse öffnet, in der der Fingerabdruck geprüft wird. Der Vorgang dauert nur eine Sekunde, dann ist die Person auf dem Gelände - oder der Wachschutz alarmiert. Auf der Tagung des Verbandes für Sicherheitstechnik (VfS) "Biometrische Verfahren im praktischen Einsatz" berichtete der Geesthachter IT-Leiter Henning Martens von der allgemeinen Akzeptanz der Anlage. Bei 84 Prozent der Mitarbeiter funktionierte das System, doch 16 Prozent hatten Schwierigkeiten mit der Prüfung ihres Fingerabdrucks. Martens: "Diese Personen bedürfen einer besonderen Betreuung, da einige dieses Handicap als Makel gegenüber Kollegen ohne Probleme beim Fingerabdruckvergleich empfinden."

Von Befürchtungen der Mitarbeiter ist nichts zu spüren, stattdessen hat der Alltag eingesetzt, wenn die Anlage arbeitet und der Mitarbeiter schimpft. So erzählte Martens von den Zurückweisungen zutrittsberechtigter Mitarbeiter: "Personen, die mit einer Aktentasche in der Hand und einem Laptop unter dem Arm den Leser betätigen und dabei vielleicht noch einen Blumenstrauß oder Kuchen für den Kollegen festhalten, werden häufig wegen nicht übereinstimmendem Fingerabdruck zurückgewiesen."

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