Deutsche Bahn

Bahn-Vorstandsmitglied Kefer stolpert über Stuttgart 21

16.06.2016
Die Bahn muss ihren Vorstand wieder umbauen. Volker Kefer, lange als Nachfolger von Bahnchef Grube gehandelt, ist nur noch ein Manager auf Abruf. Er hat sich bei Stuttgart 21 verkalkuliert.

Für Bahnchef Rüdiger Grube bedeutet der Rückzug seines Kollegen Volker Kefer: Er hat einen Rivalen weniger. Noch ist Kefer im Vorstand der Deutschen BahnDeutschen Bahn zuständig für Infrastruktur und Technik und damit hauptverantwortlich für das krisenhafte Bahnprojekt Stuttgart 21. Doch am Vorabend einer Aufsichtsratssitzung ließ Grubes Stellvertreter am Dienstag überraschend wissen, dass er aufhören will. Top-500-Firmenprofil für Deutsche Bahn AG

Offiziell teilte das Unternehmen mit, dass Kefer "für eine Verlängerung seines im September 2017 endenden Arbeitsvertrages nicht zur Verfügung steht". Doch niemand rechnet damit, dass der 60-Jährige nach diesem Schritt noch sehr lange weitermacht. Die Suche nach Ersatz hat begonnen. Als potenzieller Nachfolger Grubes ist Kefer ausgeschieden.

Auslöser für den Abgang Kefers war die Kritik an seiner Amtsführung. Anonym machten ihn Aufsichtsräte in der Presse madig. Nur einer äußerte seinen Unmut offen: Alexander Kirchner, stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrats und Chef der Eisenbahngewerkschaft EVG, rügte Kefer dafür, das er urplötzlich für Stuttgart 21 Zusatzkosten von 600 Millionen Euro publik mache, nachdem vor drei Monaten angeblich "noch alles in Ordnung" gewesen sei.

Kefer sollte am Mittwoch nicht nur seine Informationspolitik erklären, sondern auch darlegen, wie er aus dem Schlamassel wieder herauskommen will. Denn das Land Baden-Württemberg und der Bund haben schon klargemacht, dass sie sich an Mehrkosten nicht beteiligen wollen. Wenn im September ein externes Gutachten über den wirtschaftlichen und technischen Stand von Stuttgart 21 vorliegt, will der Aufsichtsrat nochmals über mögliche Konsequenzen sprechen.

Die Bahn hält vorerst daran fest, dass der Finanzierungsrahmen von 6,5 Milliarden Euro für den neuen unterirdischen Durchgangsbahnhof und die Anschlussstrecken nicht erhöht werden muss. Doch klar ist: Der Puffer im Kostenplan ist auf einen kleinen Rest von 15 Millionen Euro geschrumpft.

Egal wer Kefer beerben wird, die vielfältigen Probleme bei der BahnBahn bleiben. Dazu gehören die vielen Baustellen im Schienennetz, die hohe Verspätungsquote bei ICE und Intercitys, verlorenen Marktanteile im Regionalverkehr, der Preiskampf im Fernverkehr und das schwache Geschäft der Güterbahn. Die Tochter DB Cargo hat im vergangenen Jahr ein Minus von 183 Millionen Euro vor Zinsen und Steuern erwirtschaftet, nachdem es 2014 noch 46 Millionen Euro Gewinn waren. Deshalb soll sie saniert werden, die Frage ist nur wie. Top-Firmen der Branche Transport

Beim Streitthema Güterbahn näherten sich Unternehmen und Betriebsrat an. Vieles blieb aber noch im Ungefähren. Die Arbeitnehmervertreter waren Sturm gelaufen gegen ein Konzept der Unternehmensleitung, das die Stilllegung von 215 unrentablen, kleinen Güterverladestellen vorsah. Das hätte den Wegfall von 2100 Arbeitsplätzen bedeutet. Nun wird das Stellenabbau nicht mehr beziffert. Das werten Gewerkschaft und Betriebsrat als Erfolg. Wo bei DB Cargo gespart wird und wie wieder Wachstum ermöglicht wird, darüber werden beide Seiten weiterverhandeln.

Letztlich wird an Rüdiger Grube festgemacht, wie gut oder schlecht die Bahn auf ihrem Problemfeldern vorankommt. Dessen Vertrag läuft bis Ende 2017. Er würde gerne weitermachen. Den Beschluss über eine Verlängerung wird der Aufsichtsrat voraussichtlich im Dezember fassen, ein Jahr vor Vertragsablauf.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) machte am Mittwoch klar, dass Grube daran gemessen werde, wie er seine Aufgaben bewältige. Diese Fragen würden dann "zum richtigen Zeitpunkt bewertet, wenn es um Personalentscheidungen geht", sagte Dobrindt mit Blick auf Grubes Zukunft.

Sollte man Grube, der im August 65 Jahre alt wird, dann nicht das Vertrauen für weitere Jahre schenken, könnte einer bereitstehen: Ronald Pofalla, Ex-Kanzleramtsminister, seit August 2015 im Bahn-Vorstand und eher im Hintergrund als öffentlich wirkend. Ihm wurden von Anfang an Ambitionen auf den Spitzenjob nachgesagt. Nach jetzigem Stand käme er frühestens Anfang 2018 zum Zuge. (dpa/rs)

Zur Startseite