Interview mit Thomas Lipinski

"Bei BI hat man nur einen Schuss"

Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.

BI gibt es mittlerweile seit Jahrzehnten, über die grundsätzlichen Aspekte des Themas dürfte in den meisten Unternehmen längst nachgedacht worden sein. Welche Fragen der Teilnehmer erwarten Sie dennoch?

Thomas Lipinski: Wir beobachten, dass der Druck auf eine Entwicklung zum prozessorientierten BI wächst. Prozess Intelligenz ist ein deutlicher Trend. Das ist relativ neu. BI und Prozesse werden jetzt verbunden. BI wird taktisch-strategisch und operativ. Die Frage wird sein: Wie setzt man das um? Das kann nur schrittweise erfolgen. Weitere Aspekte, die entscheidend sind für den Erfolg von BI und damit immer einen hohen Stellenwert und Klärungsbedarf haben, sind Fragen nach dem Nutzen, der Usability und der Datenqualität. Kurz: Eine BI-Anwendung muss sich rechnen und das tut sie nur, wenn sie genutzt wird, sonst ist sie ein Millionengrab. Darüber hinaus sollte allen Beteiligten klar sein, dass BI nur funktioniert, wenn die Datenbasis solide, valide und damit glaubhaft ist. Ein Vorstand hat mir mal gesagt: "Bei einem BI-Projekt hast Du nur einen Schuss. Wenn Murks rauskommt, ist das Vertrauen in die Kennzahlen verspielt - für Jahre."

Brisant scheint oftmals die Frage der Verantwortlichkeiten zwischen IT und den Fachabteilungen zu sein. Wo sollte denn die Zuständigkeit für Datenhoheit und Datenqualität aus Ihrer Sicht liegen?

Thomas Lipinski: IT kann nur die Daten bereitstellen, die vorher an anderer Stelle eingegeben wurden. Die Verantwortung liegt bei den Benutzern, also dem Fachbereich. Doch drückt der sich gerne, weil es Arbeit bedeutet, weil er sich mit Datenqualität keine Meriten verdienen kann und weil die Gefahr groß ist, dass etwas schief laufen kann. Manchmal ist es bequemer, einen Sündenbock in der IT zu identifizieren. Die Datenqualität kann nur der beantworten, der die Verantwortung trägt. Das ist in diesem Fall eindeutig der Fachbereich. Die IT kann aber sehr wohl unterstützend zur Seite stehen - quasi als Sparringspartner, der den Sinn der einen oder anderen Auswertung kritisch hinterfragt.

Ihr Beratungshaus Alternus ist unter anderem auf die Gesundheitsbranche spezialisiert. Wie ist denn um den BI-Einsatz in der Gesundheitsbranche bestellt? Beobachten Sie dabei signifikante Fortschritte?

Thomas Lipinski: Die Anzahl der Projekte mit BI-Beteiligung ist in den letzten Jahren quantitativ und qualitativ gestiegen. Der Analysebedarf entwickelt sich rasant. Einerseits liegt das an den in der jüngsten Vergangenheit beauftragten Unternehmensratings, andererseits an der Gesundheitsreform. Insgesamt steigt der Informationsbedarf beispielsweise durch neue Versorgungsformen, den Morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich (Morbi RSA) und ComplianceCompliance. Es gibt Vieles auszuwerten, zum Beispiel die Verschreibungen von Arzneimitteln, Diagnosen sowie Patienten- und Krankenhausdaten. Wenn auch noch viel zu tun ist, schlecht steht die Branche in Sachen BI nicht da: So war der Bundesverband der Betriebskrankenkassen (BKK Bundesverband) der Gewinner des renommierten Best Practice Awards 2007 für die beste deutschsprachige Data-Warehouse- und Business-Intelligence-Lösung. Alles zu Compliance auf CIO.de

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