Editorial

Beißen statt Zähneknirschen

08.07.2002

Microsoft hat sich schon immer glänzend als Feindbild geeignet. Die Marktmacht des Konzerns verbunden mit Produkten, deren Komplexität Funktionsfehler und Sicherheitslücken unvermeidlich macht, bringt Cyber-Demokraten und Computernutzer aller Länder seit Jahren auf die Barrikaden. Trotzdem ist der Marktanteil bei Betriebssystemen, Office-Programmen und Server-Software stetig gestiegen; längst hat MicrosoftMicrosoft auch die Unternehmens-IT fest im Griff. Von dort kam bisher nur selten Widerspruch: Oft zwar mit knirschenden Zähnen, hielten die CIOs Microsoft letztlich doch immer die Treue. Alles zu Microsoft auf CIO.de

Das dürfte sich jetzt ändern; das Zähneknirschen schlägt in Bissigkeit um, die Microsoft richtig wehtun kann. Es sind nicht mehr allein die Opponenten aus der Graswurzelecke, die aufbegehren, sondern IT-Entscheider mit teils beachtlichen Budgets. Gründe gibt es verschiedene, darunter die in der öffentlichen Verwaltung wachsende Verbreitung von Linux, das nach dem Willen des Bundesinnenministeriums deutschlandweit als Behördenstandard etabliert werden soll. Unmittelbarer Anlass jedoch ist die Lizenzpolitik von Microsoft: Bis Ende Juli sollen sich die Kunden entscheiden, ob sie weiterhin Software kaufen oder sich auf ein mietähnliches Vertragsverhältnis einlassen wollen. Im ersten Fall wird es teurer als bisher, ansonsten hängt der Preis der Programme von der Treue des Kunden ab.

Wir haben CIOs gefragt, was sie davon halten und wie sie sich entscheiden werden. Abgesehen davon, dass die Äußerungen zum Teil recht deutlich ausfielen - von Erpressung war die Rede und davon, dass das Fass jetzt übergelaufen sei -, zeigt sich ein klares Meinungsbild, das Microsoft nicht gefallen kann: Die IT-Entscheider in Deutschland lehnen die neue Lizenzpolitik mehrheitlich ab. Microsoft kennt das schon, aber für Nervosität dürfte sorgen, dass jetzt offenbar konkret über Produktalternativen nachgedacht wird.

Wir vermuten: Das letzte Wort in der Lizenzfrage ist noch nicht gesprochen. Stimmen und Umfragestatistik ab Seite 16.

Einen schönen Sommer - mit welcher Software auch immer - wünscht Ihnen

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