Interview mit Marcus Dill

"BI ist eine Frage des ökonomischen Kalküls"

Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.

Sollen die Unternehmen also versuchen, ihren Mitarbeitern den Spaß an der Arbeit mit Excel auszutreiben?

Marcus Dill: Nicht zwangsläufig. Am Front-End muss auf die Flexibilität keineswegs verzichtet werden. Es gibt ja BI-Lösungen, die Excel als Oberflächentool integrieren. Entscheidend ist nur, dass nicht in jeder Abteilung das Rad neu erfunden wird, sondern Daten und daraus abgeleitete Kennzahlen möglichst zentral und für alle Bereiche verwendbar vorgehalten werden. Dies senkt nicht nur die Kosten für Analysen, sondern reduziert auch das Begriffswirrwar, das in vielen Unternehmen heute noch herrscht. Nicht selten existieren in derselben Firma - oder sogar derselben Abteilung - zahlreiche Definitionen von Kennzahlen wie "Umsatz". Oder aber gleiche Sachverhalte werden mit verschiedenen Synonymen belegt. Eine sinnvolle Strategie bezüglich Excel hängt ansonsten natürlich auch von den Bedürfnissen der unterschiedlichen Gruppen im Unternehmen ab. Ein Controller z.B. wird immer sein Excel haben wollen, um auf der Basis von Daten Rechnungen und Simulationen durchzuführen. Nur sollte sichergestellt sein, dass er diese Datenbasis aus einem zentralen BI-System mit Qualitätssicherung zieht.

"Management-Cockpits sind eine sinnvolle Sache, die noch wenig genutzt wird"

Nur jedes siebte Unternehmen setzt laut Ihrer Studie Dashboards und Management Cockpits ein. Was ist so schlimm an dieser Zurückhaltung?

Marcus Dill: Eigentlich nichts. Management Cockpits sind grundsätzlich eine sinnvolle Sache, die aber noch wenig genutzt wird, weil viele Unternehmen noch Nachholbedarf bei den zu schaffenden Voraussetzungen haben, vor allem bei der Definition ihrer Kennzahlen und Analysen . Solange noch Unklarheit über die darzustellenden Inhalte herrscht, ist deren grafische Aufbereitung oftmals sekundär. In vielen Fällen genügen den Anwendern zunächst die nackten Zahlen. Da erscheinen die zusätzlichen Funktionen schlicht verzichtbar. Bei vielen Unternehmen ist das BI-Umfeld inhaltlich schlicht noch zu dynamisch, als dass der Zeitpunkt für Investitionen in Dashboards schon gekommen wäre - auch wenn im Rahmen einer langfristigen Strategie kein Weg daran vorbei führt.

Ebenfalls nur sieben Prozent der Unternehmen haben bislang ein "Competence Center" für ihre BI aufgebaut. Empfiehlt sich das denn - beispielsweise auch für Mittelständler?

Marcus Dill: Aus Beratersicht eindeutig ja. Ein derartiges Center ist ein sinnvolles Instrument, den oftmals bestehenden Flickenteppich an Daten und ToolsTools in den verschiedenen Abteilungen zu vereinheitlichen und eine integrierte BI-Landschaft mit zentralem Data Warehouse zu schaffen. Ein BI-CC ist die Voraussetzung für Kosteneffizienz und Qualität in BI. Es ist in großen Unternehmen unverzichtbar, bietet sich aber auch für mittelständische Firmen an, sofern mehrere Abteilungen an einer BI-Initiative beteiligt sind. Meines Erachtens schreckt der hochtrabende Begriff "Competence Center" oftmals ab. In der Praxis reicht es oft schon aus, wenn sich Beauftragte aus jeder Abteilung einmal wöchentlich oder monatlich treffen und miteinander gemeinsame Standards und Erweiterungsvorhaben abstimmen. Alles zu Tools auf CIO.de

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