Strategien


Open-Source-Software bei der Netbank

Billigheimer im Bankwesen

02.12.2002
Von Patrick Goltzsch
Sie nennt sich Europas erste Vollbank im Internet. Um günstige Konditionen bieten zu können, spart die Netbank an allen Ecken und Enden: Der Internet-Auftritt und die Kundenbetreuung werden mit Open-Source-Software erledigt, die Systeme sind nicht redundant ausgelegt.

Wenn Gerald Artelt auf Kongressen wie jüngst auf dem T-Systems-Summit in Berlin spricht, dann reden einige der Zuhörer noch Tage später über seinen Vortrag. Der Prokurist von Europas erster Internet-Bank (Start: 15. April 1999), der Netbank mit Sitz in Hamburg, will vor allem eins: Geld sparen. Deshalb setzt er auf Open SourceOpen Source. Statt mit der kostenpflichtigen E-Commerce-Plattform Broadvision und der Datenbank OracleOracle verwendet die Bank, im Internet unter www.netbank.de, seit April die lizenzfreie Web-Server-Software Apache, die Web-Applikationssprache PHP4 und das Datenbanksystem My SQL. Ergebnis: Die Software für Content Management, Produktbetreuung und E-Mail-Management kostet jetzt nichts mehr. Als "Deep Discounter" sieht Artelt die Position seiner Bank, die er auch gern mit dem Billigheimer Aldi vergleicht. Alles zu Open Source auf CIO.de Alles zu Oracle auf CIO.de

"Selbst die Hardware haben wir nicht gekauft", sagt Artelt. Die Sun-Server seien geleast; lediglich das Betriebssystem (Sun Solaris) schlage als Investition zu Buche. Siemens Business Services (SBS) betreut die Open-Source-Software im Münchener RechenzentrumRechenzentrum - wegen der fehlenden Produkthaftung ein erhöhtes Risiko für den Dienstleister. Alles zu Rechenzentrum auf CIO.de

99-Prozent-Verfügbarkeit ist zu teuer

Absolut ungewöhnlich für eine Bank: Auch auf redundant ausgelegte Server wird verzichtet. "Was glauben Sie, was eine 99-Prozent-Verfügbarkeit heutzutage kostet?", so Artelts rhetorische Frage an die Zuhörer. Jedenfalls mehr, als die Netbank, eine Tochter der Hamburger Sparda-Genossenschaftsbank, dafür ausgeben will.

Und so kann es den Kunden passieren, dass sie ihre Bank nicht erreichen, weil der Server ausgefallen ist - und es ohnehin keine Filialen gibt. "Bisher ist das nur einmal passiert - für wenige Minuten", relativiert Artelt das Risiko. "Ich habe stets mein Handy dabei; da können mich die Techniker jederzeit anrufen - auch am Wochenende oder nachts." Im schlimmsten Fall wird dann der Test-Server ans Netz gehängt. "Der Kunde merkt keinen Unterschied", behauptet Artelt. Er will auch andere Unternehmen dazu animieren, auf preiswerte Lösungen umzusteigen.

Selbst auf den Backend-Bereich, wo die Bankgeschäfte abgewickelt werden, erstreckt sich Artelts Open-Source-Philosophie mittlerweile. Denn: Wer seine Bankgeschäfte betreibt, nutzt per Browser-Zugriff das von den Sparda-Banken sowie den Post-, Spar- und Darlehensvereinen (PSD) betriebene Sparda-Rechenzentrum (SDV) in Nürnberg. Anstelle des bislang eingesetzten Websphere von IBMIBM nutzt die SDV jetzt ausschließlich eine J2EE-Lösung auf Linux-Basis. "Dadurch benötigen wir keine Datenbank mehr, und die Applikation ist wesentlich schlanker", erklärt Artelt diesen weiteren Kostenvorteil. Alles zu IBM auf CIO.de

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