Angreifer rüsten auf

Bundesamt warnt vor wachsenden Gefahren im Netz

13.01.2015
Schadprogramme, infizierte Rechner und politische Cyberattacken: Das Internet ist ein gefährliches Terrain. Zuletzt bekam das auch die Kanzlerin zu spüren. Das zuständige Bundesamt warnt Nutzer und Firmen.

Die oberste Behörde für die IT-Sicherheit in Deutschland warnt vor wachsenden Bedrohungen im Internet (PDF-Link) und beklagt eine "digitale Sorglosigkeit" vieler Bürger und Firmen. "Die Angreiferszene rüstet auf", sagte der Präsident des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Michael Hange, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Cyberangriffe werden immer professioneller." Viele Internetnutzer und Unternehmen seien sich der Gefahren aber nicht ausreichend bewusst. Zu der jüngsten Attacke auf die Internetseiten der Kanzlerin und des Bundestages sagte Hange, die Besonderheit dabei liege nicht in der Technik, sondern in der politischen Bedeutung. Zu dem Angriff hatte sich eine prorussische Hacker-Gruppe aus der Ukraine namens CyberBerkut bekannt.

Hange erklärte, mehr als eine Million Rechner in Deutschland seien mit Schadprogrammen infiziert und in sogenannten Botnetzen zusammengeschlossen, mit denen die Computer für Cyberangriffe ferngesteuert werden können. "Das ist ein erhebliches Gefahrenpotenzial." Jeder Rechner könne zu einem Tatwerkzeug werden, ohne dass der Nutzer das überhaupt merke.

Cyberangriffe seien bequem und das Entdeckungsrisiko für die Täter gering, betonte der BSI-Chef. Die technischen Instrumente seien im Netz zu kaufen und beispielsweise Botnetze zu mieten. Das Dunkelfeld der Cyberkriminalität sei sehr groß und die Aufklärungsquote niedrig.

Die Sensibilität für die Gefahren im Cyberraum bei Bürgern und Firmen habe sich durch die Enthüllungen der US-Geheimdienstaffäre zwar verbessert, sagte Hange. Eine "digitale Sorglosigkeit" sei aber noch immer weit verbreitet. "Viele Nutzer und Firmen merken gar nicht, wenn sie Opfer einer Cyberattacke werden." Zum Teil fehle es an Kompetenz, Gefahren zu erkennen und für genügend Schutz zu sorgen. In vielen Firmen werde außerdem zu wenig in IT-Sicherheit investiert. Gerade bei kleinen mittelständischen Firmen hapere es noch.

Am vergangenen Mittwoch hatte ein schwerer Hackerangriff auf die Internetseiten von Kanzleramt und Bundestag für Aufsehen gesorgt. Die Seiten waren stundenlang lahmgelegt. Die Truppe CyberBerkut begründete die Attacke mit der deutschen Unterstützung für den ukrainischen Ministerpräsidenten Arseni Jazenjuk, der am gleichen Tag zu Besuch in Berlin war.

Die Webseiten gehören nicht zum Regierungsnetz, sondern liegen bei einem kommerziellen Betreiber. Das BSI ist deshalb nicht unmittelbar für ihren Schutz zuständig. Hange betonte aber, den Angreifern sei es gelungen, mit der Attacke große öffentliche Aufmerksamkeit für ihre politische Botschaft zu schaffen.

Der Präsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik, Hans-Dieter Heumann, sagte der dpa, in Zukunft würden politische Auseinandersetzungen verstärkt im Cyberraum ausgetragen. Der Angriff der prorussischen Hackertruppe zeige, "wie wichtig es ist, sich mit dem Thema Cybersicherheit zu befassen und künftig - stärker als bisher - die sicherheitspolitische Relevanz in den Vordergrund zu rücken". Das BSI und die Bundesakademie veranstalten an diesem Mittwoch in Berlin eine Konferenz zur Cybersicherheit.

Heumann sagte, Staaten wie China, Russland und die USA investierten viel Geld in ihre Cyberfähigkeiten. "Eine Cyber-Aufrüstung verschärft die Gefahren - auch für Angriffe auf kritische Infrastrukturen." Deutschland müsse seine eigenen Fähigkeiten ausbauen. "Wir brauchen einen wehrhaften Cyberschild, der potenzielle Angreifer abschreckt." Hier verlasse man sich auf internationale Partner. "Da hinken wir hinterher", beklagte er. (dpa/tc)

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