Ex-BND-Mann

Bundesnachrichtendienst plante Anzapfen weiterer Kabel

21.12.2014
Mehrere Jahre lang zapfte der Bundesnachrichtendienst Informationen aus einem Internetkabel ab, einen Teil bekam die NSA. Selbst im BND gab es Bedenken gegen das Projekt namens Eikonal. Gleichzeitig sollten weitere Kabel angezapft werden.

Der Bundesnachrichtendienst hat offensichtlich geplant, neben einem Internetkabel in Frankfurt weitere Kabel abzuhören. Das sagte der ehemalige Abteilungsleiter des Bundesnachrichtendienstes, Reinhardt Breitfelder (69), am Donnerstag im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags. "Es gab schon weitere Projekte und Pläne." Breitfelder war bis 2006 Abteilungsleiter beim BND.

Der SPD-Abgeordnete Christian Flisek hatte gefragt, ob der BND neben dem Projekt "Eikonal" weitere Zugriffe auf Internetkabel durchgeführt oder geplant habe. Im Rahmen der Operation "Eikonal", die 2004 startete und 2008 beendet wurde, erfasste der BND massiv Internet-Daten aus einem Kabel der Deutschen Telekom im Raum Frankfurt. Er leitete einen Teil der Kommunikation an den US-Geheimdienst NSA weiter. Breitfelder wollte öffentlich keine weiteren Details zu den Plänen nennen. Der Ausschuss kann Zeugen auch in geheimer Sitzung vernehmen.

Der ehemalige BND-Abteilungsleiter bestätigte, dass es innerhalb des Nachrichtendienstes Bedenken gegen Eikonal gegeben habe. "Wir hatten die Furcht, dass G10-Material irgendwo abfließt, ohne dass wir es merken. Das war der Kern unseres rechtlichen Problems." Als G10-Material gilt die Kommunikation von Deutschen, die nach Artikel 10 des Grundgesetzes mit dem Briefgeheimnis besonders geschützt ist. Der BND darf diese Daten nicht weitergeben. Der Geheimdienst filterte die abgefangenen Daten in mehreren Stufen automatisch und von Hand, um eine Weiterleitung unerlaubter Daten Deutscher an den US-Geheimdienst NSA zu verhindern.

Der Zeuge schloss kategorisch aus, dass die USA möglicherweise ohne Wissen der Deutschen ungefilterte Daten von dem Kabel abgreifen konnten. Daten hätten nicht heimlich in Frankfurt abgezapft werden können. "Das kann ich mit Sicherheit ausschließen", sagte er. Das nötige Equipment wäre aufgefallen.

Die Filterung war dagegen allem Anschein nach dringend nötig. Die Telekom habe den Geheimdienst darauf hingewiesen, dass "bis zu 90 Prozent der Verkehre" aus dem angezapften Kabel unter den Schutz des G10-Gesetzes fallen würden, also Kommunikation von Deutschen enthalten. Das gehe aus einem Schreiben in den Akten hervor, sagte der Grünen-Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz.

Die Linken-Abgeordnete Martina Renner warf Breitfelder vor, der BND habe verheimlicht, dass Daten aus dem Anzapfen der Kabel unter Eikonal an die NSA weitergegeben wurden. Das habe der BND weder dem betroffenen Betreiber, also der Telekom, noch den Geheimdienst-Kontrolleuren des G10-Gremiums gesagt. Das sei nicht absichtlich geschehen, sagte Breitfelder. "Wenn man uns gefragt hätte, hätten wir es gesagt."

Breitfelder warb dafür, dass der BND stärker über seine Arbeit informieren solle. Der Dienst betreibe keine "anlasslose Massenüberwachung". Der Anlass sei das Aufspüren von abstrakten Gefahren. Breitfelder trieb in seinen zehn Jahren beim BND den Ausbau der digitalen Überwachungsmöglichkeiten maßgeblich voran und leitete unter anderem die Abteilung Technische Aufklärung. (dpa/rs)

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