Adobe-Manager Hardy Köhler

Creative Cloud - Was sich für Partner ändert

21.05.2013

Mit welchen Umsatzeinbrüchen kalkulieren Sie im Rahmen der Umstellung auf das reine Abo-Modell?

Köhler: Eine Vollversion - aber auch ein Upgrade-Produkt - kostet durchaus einiges mehr, als eine Jahresmiete für die Creative Cloud, vor allem, weil wir derzeit sowohl bei der Individual-, als auch bei der Teamversion Einführungsangebote haben. Eine Creative Suite Master Collection als Box kostete weit über 3.000 Euro, eine Creative Cloud Jahresmiete nach heutigem Incentive (39,99 pro Monat anstatt 69,99) knapp 480 Euro. Wir gehen im ersten Jahr der Umstellung jedoch davon aus, dass der Umsatz ungefähr auf dem Vorjahresniveau bleiben wird.

Wir rechnen für das Geschäftsjahr 2013 damit, dass der Umsatz wie im Vorjahr bei etwa 4,1 Milliarden US-Dollar liegen wird, und im Vorfeld der MAX haben wir bekräftigt, dass wir aktuell davon ausgehen, dieses Ziel auch zu erreichen.

Weshalb gehen Sie davon aus, dass alle Kunden bereit sind, den Wandel zum reinen Abo-Modell mitzugehen?

Köhler: Der Trend geht zur Miete, nicht nur bei Haus und Auto. Dennoch gehen wir nicht davon aus, dass alle Kunden sofort mit fliegenden Fahnen Richtung Mietmodell gehen werden, da es für viele unserer Kunden eine Umgewöhnung bedeutet. Die Vorteile der Innovationen und die schnellere Reaktion auf veränderte Gegebenheiten sprechen jedoch eindeutig für die Cloud und das Modell des Abo. Immer mehr Softwarehersteller, auch außerhalb des Security-Bereichs, gehen diesen Weg.

Was wir darüber hinaus gemerkt haben ist, dass die Kundenzufriedenheit mit dem Eintritt in die Creative Cloud schlagartig angestiegen ist, und das bestärkt uns in der Ansicht, hier den richtigen Weg eingeschlagen zu haben.

Andere Anbieter wie beispielsweise Microsoft setzen zwar ebenfalls zunehmend auf Cloud-Modelle, bieten aber weiterhin auch die Möglichkeit des Lizenzkaufs an. Weshalb hat sich Adobe entschieden, alles auf die Abo-Karte zu setzen?

Köhler: Wie vorhin schon gesagt, wir möchten unsere Entwicklungs-Ressourcen bündeln und die Innovationen schneller an den Kunden bringen. Dafür braucht es aber diese Art der Innovations-Distribution.

Welche Programme werden auch künftig noch als Kauf-Lizenz- oder Box-Produkt zur Verfügung stehen und werden Sie die Preise für diese Kauf-/Box-Lizenzen erhöhen?

Köhler: Wir planen keine Preiserhöhungen für die noch verbliebenen Box-Produkte der Elements-Familie (Photoshop Elements, Premiere Elements) und Lightroom. Allerdings denken wir darüber nach, hier dem Retail sogenannte POSA Versionen zur Verfügung zu stellen, die erst an der Kasse der Retailer aktiviert werden.

In der Welt der Lizenz wird neben der Creative Suite 6 auch Acrobat weiterhin angeboten, zu unveränderten Preisen.

Sowohl das Abo für die Team Cloud als auch dessen Verlängerung wird bislang ausschließlich über Reseller abgewickelt. Inwiefern wird sich daran etwas ändern?

Köhler: Die Individual-Version der Creative Cloud wird über Retail, etail und Adobe.com vertrieben. Die Creative Cloud für Teams über den Fachhandel und über Adobe.com. Der Anwender soll die Wahl haben, wo er seine Produkte beziehen möchte. Legt er Wert auf die Betreuung und Beratung durch einen Fachhändler, wird er dort kaufen. Hier muss der Fachhandel aktiv auf den Kunden zugehen, damit er sich entsprechend positionieren kann.

Inwiefern sind künftig noch die bisherigen Adobe-Distributoren in das Vertriebsmodell mit eingebunden?

Köhler: Im Moment planen wir in Zentraleuropa keine Veränderung der Distributionslandschaft, behalten uns das allerdings vor. Denn natürlich möchte ich auch weiterhin die Channel-Partner unterstützen, die aktiv unsere Strategie mit unterstützen und pushen.

Werden Sie für die Partner, die bislang die Adobe-Software als Kauf-/Box-Lizenz verkauft haben, während der Übergangsphase unterstützende Migrationsprogramme anbieten?

Köhler: Es gibt keine Migrationsprogramme für Partner. ESD, POSA könnten als ein solches Übergangsprogramm gelten, das empfände ich jedoch als Verunglimpfung des Wortes. Wir gehen den Weg Richtung Miete und machen es dem Fachhändler und dem Distributor sehr schmackhaft, in diese Richtung mitzugehen.

Update und Preise der Creative Cloud

Auf der MAX-Convention in Los Angeles kündigte Adobe eine neue Version der Creative Cloud an, die hunderte neuer Funktionen umfasst und ab Juni verfügbar sein soll.

Das Adobe Creative Cloud-Abo kostet 61,49 Euro monatlich innerhalb eines Jahresvertrages. Ein Upgrade für bestehende Creative Suite-Kunden (ab CS3) ist für 36,89 Euro im Monat mit Jahresabonnement verfügbar. Schüler, Studierende und Lehrer erhalten die Creative Cloud für 19,99 Euro monatlich. Sonderpreise für bestehende Kunden, darunter auch Nutzer, die eine CS6-Lizenz besitzen, sind verfügbar.

Die Creative Cloud für Teams enthalten neben allen Anwendungen und Services einer Creative Cloud-Mitgliedschaft für Einzelpersonen zusätzlich 100 GB Storage und zentrale Bereitstellungs- und Verwaltungsoptionen. Sie kostet pro Arbeitsplatz 86,09 Euro monatlich im Rahmen eines Jahresvertrages. Ein Upgrade für bestehende Creative Suite-Kunden (ab CS3) ist auch für Teams verfügbar und kostet bei einem Jahresvertrag 49,19 Euro im Monat für das erste Jahr pro Arbeitsplatz bei Vertragsunterzeichnung bis August 2013.

Ende des Jahres soll außerdem eine Enterprise Version auf den Markt kommen.

Auf der MAX Convention in Los Angeles wurde angedeutet, dass Adobe künftig auch Hardware-Produkte anbieten wird. Vorgestellt wurde der Eingabestift für Touchscreens "Project Mighty" und ein digitales Lineal namens "Napoleon Ruler".

Ab wann werden diese Produkte in Europa verfügbar sein?

Köhler: Bei den gezeigten Produkten handelt es sich um Technologien, die sich aktuell in einer Testphase befinden, es ist noch nicht sicher, ob und wann sie tatsächlich auf den Markt kommen. Zu dieser Frage können wir also derzeit noch keine Aussagen treffen. Aber mich haben diese Produkte ebenfalls sehr fasziniert.

Gemischte Reaktionen von Kunden und Partnern

Kurz nach der Abkündigung der Box-Lizenzen folgten fast 4.000 Anwender dem Aufruf von Derek Schoffstall auf Change.org eine Petition zu unterzeichnen, in der Adobe zur Rücknahme ihrer Pläne aufgefordert wird. Aktuell haben 13.352 unterschrieben.

Wie den Kommentaren auf change.org zu entnehmen ist, fühlten sich manche Anwender von Adobes Vorstoß schlichtweg überrollt. Sie befürchten, Adobe könne, nachdem das Abo-Modell einmal in Fahrt gekommen ist, die Preise einfach anheben.

Adobe-Distributoren hierzulande sehen die Lage etwas entspannter. "Die Änderungen bei Adobe sind sicherlich derzeit die konsequentesten am Markt, aber auch nachvollziehbar. Subscription, oder auch Abo-Modelle werden definitiv die Vertriebsmodelle der Zukunft bei Softwareprodukten sein. Wie diese Umstellung von den Kunden angenommen wird, werden die nächsten Monate zeigen", sagt Thorsten Schwecke, Senior Manager Software bei Ingram Micro.

Sybille Luecke, Business Unit Manager Volume Software bei Tech Data, bewertet Adobes Vorstoß "noch mit gemischten Gefühlen. Ein abrupter Wechsel der Vertriebsstrategie auf Mietlizenzen ist zunächst mit Umsatzeinbußen im gesamten Channel verbunden. Andererseits wissen wir aber auch, dass das Subscription-Modell langfristig zum Erfolg führen wird. Die Vorteile für die Endkunden liegen auf der Hand: flexibler Einsatz von Softwarelizenzen im Unternehmen, kontinuierliche Zugriff auf aktuelle Produktentwicklungen, die Option zur Absetzung der Kosten als Betriebsausgaben u.v.m." Das Geschäft für den Channel werde sich wieder stabilisieren und zu Mehrumsätzen, sobald diese Vorteile in der Breite des Marktes angekommen seien.

Rolle der Distribution

An den Aufgaben der Distribution werde sich durch die Umstellung auf das Abo-Modell we-nig ändern, schätzt Schwecke: "Auch in diesem Modell werden wir die Rolle des Multiplikators durch Trainings, Beratung und Unterstützung in den Vertriebs-prozessen unserer Kunden übernehmen." Ähnlich sieht das auch Tech-Data-Managerin Lücke: "Unsere Hauptaufgabe sehen wir aktuell im Partner Enablement. Hiermit wollen wir nicht nur unsere Bestandskunden, sondern auch neue Reseller auf das Abo-Modell vorbereiten. Wir unterstützen Sie bei den erforderlichen Zertifizierungen, erläutern die Vorteile und zeigen ihnen auf, dass durch Mietlizenzen höhere Margen als bei den bisherigen Kauflizenzen möglich sind."
Mit Umsatzeinbrüchen im Channel während der Umstellungszeit beide Distributoren. "Endkunden werden zunächst verhalten den Wandel der Adobe Vertriebsstrategie beobachten, neue Produktaktualisierungen auf ihre Notwendigkeit überprüfen und oben genannte Vorteile verinnerlichen", so Lücke. Langfristig betrachtet biete das Abo-Modell den Partner aber sehr gute Chancen, die Kundenbeziehungen zu vertiefen und Zusatzgeschäfte zu generieren. (rb)

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