Florian von Wangenheim im Gespräch

CRM nicht aus den Augen verlieren



Joachim Hackmann ist Principal Consultant bei PAC – a teknowlogy Group company in München. Vorher war er viele Jahre lang als leitender Redakteur und Chefreporter bei der COMPUTERWOCHE tätig.

Die IT hat Das CRM-Thema gekapert

Was meinen Sie damit?

Florian von Wangenheim: Die Grundannahme war, dass CRM in den entstehenden Dienstleistungsgesellschaften das Marketing der Zukunft sei, um die Eins-zu-eins-Kommunikation mit Kunden zu stärken. Passiert ist Folgendes: Die Hersteller haben die entsprechende Software dafür entwickelt. Damit wurde CRM zu einem IT-Thema mit völlig anderen Fragestellungen, etwa: Wie speichert man Daten? Wie gestaltet man ein Data Warehouse? 90 Prozent der CRM-Vorhaben waren IT-Projekte, CRM wurde zum Thema der Informatiker, das Marketing war nicht mehr gefragt.

Viele Unternehmen haben bis zu zehn Jahre gebraucht, um dem CRM-Thema wirklich einen Inhalt zu geben. Das geschah erst, als sie sich fragten, was sie mit den vielen gespeicherten Daten anfangen sollen. Dadurch, dass die IT das CRM-Thema gekapert hatte, wurde die eigentliche Marketing-Idee aus den Augen verloren.

Eine ähnliche Entwicklung nehme ich derzeit auch mit Social-Media-Analytics wahr. Social MediaSocial Media müssen als Teil des Gesamt-Marketings verstanden werden. Bislang herrscht viel Unklarheit, was man mit Social Media im Marketing bewirken kann. Alles zu Social Media auf CIO.de

Was macht ein Unternehmen beispielsweise mit der Erkenntnis, dass ein Produkt x-mal in einem negativen Umfeld genannt wurde?

Florian von Wangenheim: Social Media bietet unheimlich viele Möglichkeiten der - sagen wir mal - vorsichtigen Intervention seitens des Unternehmens. Man kann sich in die Kommunikation einschalten, schnell reagieren und etwa Shitstorms verhindern, bevor sie entstehen. Allerdings fehlen großen Unternehmen meistens die Strukturen, um Entscheidungen schnell zu fällen. Wer Social Media aktiv nutzen will, braucht kurze Entscheidungswege.

Es geht auch nicht nur um negative Äußerungen. Ich habe oft erlebt, dass Unternehmen gar nicht klar war, welches Feature ihres Produkts besonders geschätzt wurde. Wer hier schnelles Feedback vom Markt bekommt, kann seine Werbung entsprechend anpassen und bestimmte Merkmale besonders betonen.

Kollegen haben beispielweise die Twitter-Reaktionen eines Wochenendes nach dem Start eines Kinofilms analysiert. Aus den Daten und der Sentiment-Analyse haben sie eine Vorhersage über den Erfolg des Films gemacht. Mit einer klassischen Methode wäre das ungleich mühsamer gewesen. Man hätte die Besucher nach der Vorstellung vor Ort befragen müssen und hätte dennoch keinen Einblick in die Kommunikation zwischen den Besuchern bekommen.

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