CIO-Wette im Reality-Check

Das Ende der relationalen Datenbank

Alexander Freimark wechselte 2009 von der Redaktion der Computerwoche in die Freiberuflichkeit. Er schreibt für Medien und Unternehmen, sein Auftragsschwerpunkt liegt im Corporate Publishing. Dabei stehen technologische Innovationen im Fokus, aber auch der Wandel von Organisationen, Märkten und Menschen.
Bis 2015 wächst der Umsatz mit relationalen Datenbanken jährlich um neun Prozent. In-Memory-Techniken wirken sich also noch nicht zerstörerisch auf den alten Markt aus.
Bis 2015 wächst der Umsatz mit relationalen Datenbanken jährlich um neun Prozent. In-Memory-Techniken wirken sich also noch nicht zerstörerisch auf den alten Markt aus.
Foto: IDC

Ob relationale Datenbanken in zehn Jahren immer noch aussehen wie heute, sei eine andere Frage, sagt Bitterer. Fest steht für den Gartner-Analysten hingegen, dass Unternehmen auch in zehn Jahren noch relationale Datenbanken benötigen: "Es wird sie natürlich weiter geben, schließlich sind sie allgegenwärtig." Eng verzahnt mit Anwendungen und Prozessen, rechnet sich die Ablösung durch eine neue Technologie in den meisten Fällen schlicht nicht: "Das viele Geld nimmt heute kaum einer in die Hand."

IDC-Analyst Rüdiger Spies bestätigt die Einschätzung: "Es sind auch heute noch hierarchische Datenbanken im Einsatz, die als völlig veraltet gelten und für die es Programme gibt, die für die Batch-Verarbeitung optimiert sind und die nicht so leicht umgeschrieben werden können." Insofern wettet auch Spies gegen CIO Bussmann - mit einer Einschränkung: "Bei neu installierten SAP-Systemen kann das tatsächlich ganz anders aussehen." Jedoch schränkt DSAG-Vorstand Lenck hier ein: "Der Tenor im Kollegenkreis ist derzeit kritisch-abwartend. Schließlich gibt es ja zurzeit noch keine konkreten Preismodelle für ERPERP auf Hana." Den Chancen, die man sich mit Innovationen erkauft, stehe immer das Betriebsrisiko gegenüber, kalkuliert der CIO: "Ein ERP-System setzt man nicht leichtfertig aufs Spiel." Alles zu ERP auf CIO.de

Günther Stürner mag relationale Datenbanken, hat Bücher darüber geschrieben und ist Vice President ServerServer Technologies bei Oracle Deutschland - seine Meinung zur Wette des Wettbewerbers überrascht daher nicht: "Relationale Datenbanken sind eine gute und ausgereifte Technologie, mit der man heute fast alles machen kann." Allerdings sagt Stürner auch: "Es ist keine Frage, dass daneben zunehmend andere Technologien zum Einsatz kommen." Schließlich werde auch In-Memory-Technologie als Ergänzung in speziellen Einsatzbereichen schon seit Jahren eingesetzt. Dass SAPSAP jetzt für die Technik hinter Hana den "Deutschen Innovationspreis" eines großen Wirtschaftsmagazins gewonnen hat, wurmt ihn natürlich schon ein wenig. Alles zu SAP auf CIO.de Alles zu Server auf CIO.de

In-Memory allein reicht nicht

Neben seinen klassischen Datenbanken hat Oracle ein In-Memory-System im Portfolio, und auch SAP sammelte bereits jahrelang Erfahrungen mit relationalen Datenbanken - wenn auch nicht immer die besten: Seine seit 1997 hauseigene Datenbank MaxDB, deren Wurzeln bis in die Jahre vor dem PC reichen ("Nixdorf-Reflex"), befindet sich wieder mal im Umbruch. Dafür hat sich SAP auch mit einem relationalen Datenbanksystem von Sybase eingedeckt. "Ohne eine relationale Datenbank und allein mit In-Memory wird niemand den Markt aufrollen können", prognostiziert Oracle-Manager Stürner. Wie alle anderen Anbieter auch werde SAP auf ein Hybridmodell aus verschiedenen Datenbanken setzen: "Die immer komplexeren Anforderungen der Kunden kann man in Zukunft nur mit unterschiedlichen Technologien abdecken."

Das sieht auch Marten Mickos so, ehemals Chef der Datenbankfirma MySQL und nun CEO des Cloud-Experten Eucalyptus: "Für die aktuellen Anforderungen brauchen wir verschiedene Typen von Datenspeichern, selbst für die gleiche Applikation." Die Monokultur der relationalen Datenbanken werde seiner Meinung nach zwar aufgeweicht, aber die relationale Technologie sei auch in zehn Jahren noch im Einsatz. "Die Welt wird insgesamt komplexer, aber man kann auch mehr aus ihr herausholen." Zudem sei der Vorstoß eines Unternehmens in das Infrastruktursegment immer mit viel Arbeit verbunden: "Bis eine Datenbank wirklich ausgereift ist, vergehen erfahrungsgemäß zehn Jahre", sagt Mickos rückblickend.

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