Kosten Senken und IT-Leistung steigern

Das Mittelmaß verlassen

02.09.2002

Auslöser für das für eine Hochschule eher ungewöhnliche IT-Benchmark war Kritik der Studenten. Sie hatten sich über Mängel bei der Systemverfügbarkeit und die lahme Umsetzung neuer Anforderungen beklagt. "Die IT ist mit den steigenden Ansprüchen in den neun Jahren seit Gründung der Hochschule nicht gewachsen", berichtet der ehemalige McKinsey-Berater Hagen Lindstädt. Er lehrt jetzt als Professor in Leipzig und leitet die IT-Einsatzgruppe der Hochschule. Der abschließende Rat der Benchmark-Profis von Maturity lautete auch hier, die IT-Infrastruktur stärker zu standardisieren. Neben erwarteten Resultaten gab es aber auch überraschende Erkenntnisse: "Wir hatten keine oder zu lasche Service Level Agreements", sagt HHL-Rektor Arnis Vilks. "Wir sind auch überrascht gewesen, dass die sieben Vergleichsfirmen überwiegend Medienunternehmen waren." Arbeitsweise und Ansprüche der Studierenden würden denen von Journalisten ähneln, begründete Maturity die Auswahl.

Streitpunkt Vergleichgruppen

Die Zusammensetzung der Vergleichsgruppe ist ein auch von IT-Managern häufig kritisierter Punkt (siehe Seite 39). Auffällig: Die Vergleichbarkeit der gelieferten Daten wird immer dann besonders bemängelt, wenn der Benchmark für das eigene Unternehmen schlecht ausgefallen ist. Jedes Unternehmen arbeite doch mit anderen Prozessen und Anwendungen, so der Standardvorwurf. Dem entgegnet Gartner-Berater Albrecht: "IT-Segmente lassen sich vergleichen, weil hinter den verschiedenen Anwendungen fast immer die gleichen Techniken stehen." Natürlich könne kein Benchmark 100-prozentig exakte Daten liefern, weil durch Anpassung der Daten aller Beteiligten Abweichungen entstünden. "Wenn ich das vorher mit dem Kunden bespreche, gibt es kaum Probleme."

Klein, IT-Chef des Deutschen Rings, kann damit leben. "Wozu 100 Prozent Scheingenauigkeit? 80 Prozent echte Genauigkeit reichen, um zu zeigen, wo die Hebel anzusetzen sind." Er nimmt auch die Forderung nicht ernst, Vergleichsgruppen dürften nicht aus branchenfremden Firmen bestehen. Klein: "Wir wollen nicht so gut sein wie unsere Branche, sondern besser. Deshalb wollen wir uns mit Unternehmen messen, die ähnliche komplexe Anforderungen haben wie wir."

Bisher führen fast ausschließlich große Unternehmen IT-Benchmarkings durch. "Der Mittelstand verhungert gerade", so Christian Campagna, Europa-Chef bei Hackett Best Practices. Denn ein Benchmarking in einer mittelständischen Firma ist fast genauso aufwendig und damit genauso teuer wie ein Vergleich bei einem Großunternehmen. "Deshalb gibt es auch keine IT-Benchmark-Datenbank für den Mittelstand."

Benchmark als Controlling-Tool

Auch Peter Möller, Leiter des Service Center Informationsmanagement bei der Üstra, den hannoverschen Verkehrsbetrieben, will eine Balanced Scorecard aufbauen und Service Level Agreements festlegen. "Nur so mache ich aus einem Benchmark ein dauerhaftes Verbesserungswerkzeug", ist er überzeugt. "Unternehmen verlangen verstärkt modulare Benchmark-Modelle, auf denen sie Balanced Scorecards und ein IT-Controlling aufbauen können", bestätigt Polacek von Maturity diesen Trend. "In Zukunft werden die IT-Vollkosten stärker mit den Geschäftsprozessen verknüpft."

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