Kollaps des PC-Marktes

Der Abgesang auf Windows 8 ist verfrüht

Werner Kurzlechner lebt als freier Journalist in Berlin und beschäftigt sich mit Rechtsurteilen, die Einfluss auf die tägliche Arbeit von Finanzentscheidern nehmen. Als Wirtschaftshistoriker ist er auch für Fachmagazine und Tageszeitungen jenseits der IT-Welt tätig.
Gartner und IDC machten jüngst Windows 8 für den Zusammenbruch des weltweiten PC-Geschäftes verantwortlich. Analysten von Forrester, Experton und NPD Group vertreten hierzu eine andere Meinung. Meldungen über das Ende einer Ära seien verfrüht.
An Twain-Bonmot erinnert: Forrester-Analyst David Johnson.
An Twain-Bonmot erinnert: Forrester-Analyst David Johnson.
Foto: Forrester Research

Manchmal hilft Literatur dabei, die Dinge einzuordnen. „Und es kam der Tag, da das Risiko, in der Knospe zu verharren, schmerzlicher wurde, als zu blühen“, schrieb dereinst voller Poesie Anais Nin. Humorig hingegen konterte Mark Twain eine Falschmeldung über sein Ableben: „Der Bericht über meinen Tod war eine starke Übertreibung.“ Wer es jenseits literarischer Höhen zugespitzter mag, kommt mit einem Wort aus: „Müll!“

Mit diesen drei Zitaten kommentierten Analysten andere Analysten, nach dem diese ein Beben ausgelöst hatten. Unmittelbarer nacheinander legten Gartner und IDC kürzlich dramatische Zahlen über den größten Einbruch des weltweiten PC-Absatzes vor und machten MicrosoftMicrosoft wegen der Einführung von Windows 8 dafür verantwortlich. Nicht einmal in den Entwicklungsländern sei noch mit einem starken Wachstum beim Absatz von Notebooks und Desktops zu rechnen, hieß es. Die Aktienmärkte reagierten mit Verlusten, medial entzündete sich ein heftiges Gewitter und seither grassiert die Rede vom „Tod des PC-Zeitalters“. Alles zu Microsoft auf CIO.de

Als „Müll“ bezeichnet diese Interpretation Ted Schadler, Analyst von Forrester Research, im hauseigenen Blog. Wie Autos oder Schuhe werde es – trotz sinkender Absatzzahlen in Folge neuer Endgeräte-Typen – immer PCs geben. „In manchen Märkten wird es nicht mehr so sein, dass der PC so dominiert, wie es in den Industrienationen der Fall war“, so Schadler. „Aber nur wenige Leute werden ihren Computer ganz aufgeben.“

David K. Johnson, ebenfalls Analyst bei Forrester, greift in einem Gastbeitrag für Forbes Mark Twains Bonmot vom übertriebenen Tod auf. „Wenn ich das Kleingedruckte lese, ziehe ich einen anderen Schluss“, kommentiert Johnson die Meldungen von Gartner und IDC. Denn TabletsTablets – auch solche mit abnehmbarer Tastatur – seien in den vorgelegten Zahlen zum PC-Absatz nicht enthalten. Alles zu Tablets auf CIO.de

„War das nicht eigentlich die Absicht von Microsoft: PC-Verkäufe in Richtung Tablets zu verlagern?“, fragt Johnson. „Könnte es sein, dass Microsofts Strategie aufzugehen beginnt und wir ein Anziehen bei Windows 8- und Windows RT-Tablets beobachten?“ Der Analyst will sich jedenfalls nicht vorschnell darauf versteifen, dass Windows 8 wirklich so sehr floppt, wie es den Anschein macht.

Zur Startseite