Exklusiv-Umfrage zu SAP

Der Reiz des Molochs

Johannes Klostermeier ist freier Journalist aus Berlin. Zu seinen Spezialgebieten zählen unter anderem die Bereiche Public IT, Telekommunikation und Social Media.
Exklusivumfrage - Drei Buchstaben beherrschen den Markt für Enterprise-Software: SAP regt CIOs an und auf. Zwei Drittel der ERP-Betreiber setzen auf Produkte des Walldorfer Unternehmens. Sie bilden den Lebensmuskel, der für die reibungslose Abwicklung der Geschäftsprozesse sorgt. Fazit unserer Umfrage: gut, aber zu teuer, die Informationspolitik ungenügend.

Es ist eine Art Hassliebe: "Man schimpft oft über das System, hat es aber auch ganz gern", sagt Thomas Hemmerling-Böhmer, Bereichsleiter Informations-Service beim Sensorikhersteller Sick aus Waldkirch bei Freiburg. "Bei dem Gedanken an die Macht von SAPSAP und die Abhängigkeit, in die wir dadurch geraten, ist uns nicht immer wohl." Andreas Resch, CIO und Geschäftsführer des Grevener Logistikers Fiege, nennt das Softwarehaus einen "attraktiven Moloch". Alles zu SAP auf CIO.de

Die Methapher von der - laut Duden - "grausamen Macht, die immer wieder Opfer fordert und alles zu verschlingen droht", fällt auch bei Ralf Herzer, Leiter Betriebswirtschaft und Organisation der GNS Gesellschaft für Nuklear-Service, Essen. Hemmerling-Böhmer, Herr über 1000 Lizenzen: "SAP ist in der Tat der Moloch, der uns hilft, unsere Geschäftsprozesse abzudecken - aber auch zu einem hohen Grad beschäftigt."

Die Schwäche aller großen ERP-Anbieter in den Augen von Christian Glas, Berater bei Pierre Audoin Consultants (PAC): "Die Implementierung der Software ist immer noch zu komplex, zu aufwendig und zu teuer." Die Anpassung durch externe Partner dauere einfach zu lange. Für die Unternehmen seien das Produktivitätsverluste, und die könne sich derzeit keiner leisten. Hier müsse SAP aufpassen. "Die Total Cost of Ownership sind verglichen mit denen kleinerer Anbieter zu hoch", so Glas. SAP müsse die Anpassung der Programme an die Geschäftsprozesse simpler gestalten. "Doch vom großen Brocken Beratung lebt ja eine ganze Industrie", weiß Jens Jansen, IT-Vorstand beim CAD-Distributor Mensch und Maschine Software.

7,8 Milliarden Euro schwer ist der deutsche ERP-Markt nach Angaben von PAC in diesem Jahr. Auf 11,6 Milliarden soll das Marktvolumen bis 2006 klettern. Es gibt wenige Alternativen zum Walldorfer Anbieter, dessen Software von fast zwei Dritteln (63 Prozent) der großen deutschen Unternehmen eingesetzt wird. Der nächste Wettbewerber - Microsoft mit der Mittelstands-ERP-Lösung Navision - folgt mit 3 Prozent.

Wie abhängig sind die Unternehmen von SAP? Nutzt der ERP-Hersteller sein Quasi-Monopol aus? Nein, behauptet SAP-Europachef Michael Kleinemeier: "Wir haben in der Vergangenheit gezeigt, dass wir unsere Marktstellung nicht ausnutzen wollen und werden."

Michael Kleinemeier, SAP-Präsident der Region EMEA Central „Wir haben in der Vergangenheit gezeigt, dass wir unsere Marktstellung nicht ausnutzen wollen und werden.

Michael Kleinemeier, SAP-Präsident der Region EMEA Central „Wir haben in der Vergangenheit gezeigt, dass wir unsere Marktstellung nicht ausnutzen wollen und werden.

Viele CIOs und IT-Leiter sehen das anders: "Wir stehen in einer absoluten Abhängigkeit", sagt zum Beispiel Michael Mielke, IT-Leiter der Kieler Raiffeisen Hauptgenossenschaft Nord AG. Für die Umstellung des Betriebssystems müsse man bei SAP in Walldorf einen Migrationsplan einreichen, den Plattformwechsel von einem zertifizierten Migrierer durchführen lassen und natürlich SAP-zertifizierte Maschinen einsetzen, berichtet er kopfschüttelnd. Für ihn gibt es ein "SAP-Kartell, das seine Machstellung ausnutzt und die Kunden immer wieder zur Kasse bittet".

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