Snowden-Vertraute im Gespräch

"Desto einfacher wird es für den nächsten Whistleblower"



Simon Hülsbömer betreut als Senior Research Manager Studienprojekte in der Marktforschung von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE. Zuvor entwickelte er Executive-Weiterbildungen und war rund zehn Jahre lang als (leitender) Redakteur tätig. Hier zeichnete er u.a. für die Themen IT-Sicherheit und Datenschutz verantwortlich.

Mit Ströbeles Team nach Berlin

Nach Deutschland kam ich kurz nach dem Miranda-Fall, nachdem wir Edward Snowden einigermaßen sicher in Moskau untergebracht hatten. Der Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele besuchte uns und ich bin dann gemeinsam mit ihm und seinem Team nach Berlin gereist. Also war mir die Unterstützung einiger Bundestagsmitglieder schon gewiss.

Als wir landeten, machte der SPIEGEL gerade mit "Asyl für Snowden" auf, was einen weiteren Grund für mich darstellte, erst einmal hier in Deutschland zu bleiben. Es wäre öffentlich nicht gut angekommen, wenn man mich direkt wieder ausgewiesen hätte. Es zeigt auch, dass es eine sehr aktive Szene hier in Deutschland gibt, mit vielen Menschen, die ich schon kenne.

Viele Menschen haben mir seitdem geholfen mit der Sprache, der Wohnungssuche, Behördengängen und so weiter. In den Medien wird mein Fall gerne etwas sehr überzeichnet - da werde ich als "die im Berliner Exil Lebende" bezeichnet oder es heißt "Berlin wird den Rest der Welt schon retten". Das muss natürlich auch nicht sein.

Es gibt etwas Einzigartiges an Deutschland, das es so nirgendwo anders auf der Welt gibt - die Akzeptanz aktivistischer Arbeit. Schauen Sie sich nur den sehr guten Ruf des Chaos Computer Club an, einer Vereinigung von Hackern und Aktivisten, die sogar die deutsche Regierung berät. Woanders wäre so etwas undenkbar.

Haben Sie Hoffnung, irgendwann nach Großbritannien zurückkehren zu können?

Sarah Harrison: Ich hoffe es. Ich möchte nicht, dass Journalisten als Terroristen bezeichnet werden dürfen. David Miranda geht dagegen vor, dass die britischen Anti-Terror-Gesetze auf Journalisten angewendet werden können - die erste Verfahrensrunde hat er zwar verloren, aber es geht demnächst weiter. Die Richter argumentieren bislang, dass dieses Gesetz zwar die Pressefreiheit einschränkt, unter Aspekten der nationalen Sicherheit aber dennoch in Ordnung ist.

Aber allein der Fakt, dass sie schon zugegeben haben, dass die Pressefreiheit eingeschränkt wird, gibt mir Hoffnung. Wenn wir es schaffen, die negativen Folgen für die britischen Medien noch stärker herauszustellen, haben wir eine Chance. Derzeit wären die britischen Behörden sogar per Gesetz autorisiert, in Redaktionen einzudringen und Festplatten zu zerstören, wenn sie dort Daten vermuten, die die nationale Sicherheit gefährden. Das ist ein schrecklicher Zustand.

Ich hoffe auf eine baldige Kampagne gegen diesen Paragraphen und eine Gesetzesänderung. David Anderson Q.C., der juristische Berater der britischen Regierung in Anti-Terror-Fragen, hat bereits angedeutet, dass eine Änderung, um Journalisten auszunehmen, ziemlich problemlos möglich sein dürfte.

Vielen Dank für das Gespräch.

Zur Startseite