Schleppender Neuanfang

Deutsche Bank baut weiter Altlasten ab

19.05.2016
Nach einem turbulenten Jahr kämpft die Deutsche Bank um bessere Zeiten. Altlasten und Skandale lähmen den Neuanfang. Der runderneuerte Vorstand zeigt sich dennoch zuversichtlich - und wirbt um das Vertrauen der Aktionäre.
Die Deutsche Bank will sich bei ihrem Radikalumbau nicht länger von teuren Altlasten bremsen lassen.
Die Deutsche Bank will sich bei ihrem Radikalumbau nicht länger von teuren Altlasten bremsen lassen.
Foto: The World in HDR - shutterstock.com

"Bei aller Vorsicht sehe ich uns - was unsere Rechtsstreitigkeiten angeht - allmählich auf der Zielgeraden", sagte Vorstandschef John Cryan am Donnerstag bei der Hauptversammlung des Dax-Konzerns in Frankfurt. "Wir sind zuversichtlich, in diesem Jahr noch einige wichtige Verfahren abschließen zu können." Aktuell hat die Bank mit 7800 Rechtsstreitigkeiten zu tun, die meisten nach Cryans Angaben mit einem sehr niedrigen Streitwert.

In den vergangenen Jahren kosteten juristische Fehden Deutschlands größtes Geldhaus gut 12 Milliarden Euro - etwa wegen der Beteiligung an Zinsmanipulationen (Libor), umstrittenen Hypothekengeschäften und Verstößen gegen Handelssanktionen. Für noch drohende Strafen wurden weitere 5,4 Milliarden Euro zurückgelegt. "In diesem Jahr rechnen wir noch einmal mit weiteren Belastungen", bekräftigte Cryan.

Aufsichtsratschef Paul Achleitner versicherte, die Bank werde bei der Aufarbeitung von Skandalen auch nach dem Rücktritt von Chefaufklärer Georg Thoma nicht nachlassen: "Wir alle im Aufsichtsrat sind uns einig, dass die Altlasten und andere mögliche Verfehlungen auch künftig konsequent aufgearbeitet und daraus Lehren gezogen werden."

Thoma hatte Ende April nach öffentlicher Kritik seinen Rücktritt erklärt. Dem Juristen Thoma, den Achleitner erst 2013 für den Aufsichtsrat gewonnen hatte, waren "Übereifer" und "juristische Selbstverwirklichung" vorgeworfen worden. Mit seinen Alleingängen habe er alle übrigen 19 Aufsichtsräte gegen sich aufgebracht.

Die Turbulenzen im Aufsichtsrat kurz vor dem Aktionärstreffen hatten auch die Kritik an Achleitner befeuert. Dem seit Juni 2012 amtierenden Chefkontrolleur wird vorgeworfen, für eine schleppende Aufarbeitung der Altlasten mitverantwortlich zu sein. Zudem habe er zu lange am Investmentbanker Anshu Jain als Co-Chef festgehalten.

Bei der Hauptversammlung am Donnerstag drohte Achleitner ein Denkzettel: Einflussreiche Aktionärsvertreter sprachen sich dafür aus, den Aufsichtsratschef nicht zu entlasten. Widerstand kündigten Anteilseigner auch beim Thema Vergütung an: Für die Bezahlung der Vorstände gelten seit 2016 neue Regeln, die die Aktionäre nun der Form halber noch billigen sollen. Das neue Modell sieht Extra-Boni für Vorstände vor, wenn ihr Geschäftsbereich gut läuft.

Die Ergebnisse der Abstimmung wurden für Donnerstagabend erwartet. Lehnen die Aktionäre das neue Vergütungssystem ab, wäre das eine Ohrfeige für den Aufsichtsrat. Rechtlich bindend allerdings wäre ein solches Votum nicht - und hätte somit ebenso wenig direkte Konsequenzen wie eine Nicht-Entlastung Achleitners.

Jain war nach einer Schlappe beim Aktionärstreffen vor einem Jahr zum 1. Juli 2015 von Cryan abgelöst worden. Der Brite übernimmt mit Ablauf der diesjährigen Hauptversammlung die alleinige Führung. Co-Chef Jürgen Fitschen verlässt den Vorstand, der 67-Jährige wird die Bank aber weiterhin im Geschäft mit Unternehmen in Deutschland und Asien unterstützen.

Nach dem Rekordverlust von 6,8 Milliarden Euro 2015 und dem radikalen Umbau der Führungsebene arbeitet die Bank an einer Trendwende. "Wir sind noch nicht dort, wo wir sein wollen", räumte Achleitner ein. "Unser Image in der Öffentlichkeit muss noch deutlich besser werden." Er betonte jedoch: "Nach allen Turbulenzen des vergangenen Jahres sind wir hier im Aufsichtsrat nun zuversichtlich, dass die Deutsche BankDeutsche Bank in die richtige Spur gekommen ist." Der neue Vorstand komme auf dem Sanierungskurs gut voran. Er persönlich sehe für einen Rückzug keinen Anlass: "Ich stehe zu meiner Pflicht und Verantwortung." Top-500-Firmenprofil für Deutsche Bank

Deutschlands größtes Geldhaus streicht unter anderem im eigenen Haus unter dem Strich 9000 Arbeitsplätze, 4000 davon in Deutschland. Bis Ende 2017 will die Deutsche Bank ihr Filialnetz im Heimatmarkt um knapp ein Drittel auf 500 Standorte schrumpfen, aus etlichen Auslandsmärkten zieht sich der deutsche BranchenprimusBranchenprimus ganz zurück. (dpa/rs) Top-Firmen der Branche Banken

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