Strategien


Der CIO am Scheideweg

Die Enterprise-IT muss sich zur digitalen Fabrik wandeln



René Büst ist Research Director in Gartners Managed Business and Technology Services Team mit Hauptfokus auf Infrastructure Services & Digital Operations. Er analysiert Entwicklungen im Bereich Cloud Computing (Anbieter von Managed Cloud-Services und Public Cloud sowie Cloud-Strategien wie IaaS, PaaS und Multicloud), digitale Infrastrukturen und Managed Services sowie den Einfluss der digitalen Transformation auf die IT. Seit Mitte der 90er Jahre konzentriert sich Herr Büst auf den strategischen Einsatz der IT in Unternehmen und setzt sich mit deren Einfluss auf unsere Gesellschaft sowie disruptiven Technologien auseinander.
Mit dem fortschreitenden Einzug der digitalen Transformation und dem Aufkommen neuer Megatrends wie dem Internet of Things (IoT), steht der CIO nun endgültig vor dem Scheideweg. Konnten Aussagen wie „die IT ist der Business-Enabler“ in der Vergangenheit noch mit einem genervten Lächeln als "eine dieser Phrasen" ignoriert werden, hat die Realität mittlerweile jeden IT-Lenker auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt.

Keine Frage, die Stelle des CIOsStelle des CIOs ist nach wie vor von zentraler Bedeutung. Allerdings steht er nun vor der Herausforderung, die Enterprise-IT als Dienstleister für seine internen Kunden zu verstehen, um es dem Unternehmen damit zu ermöglichen, die externen Kunden mit neuen digitalen und hybriden Produkten zu erreichen. Dies funktioniert nur, wenn er das "Digitale Unternehmen" als Ganzes betrachtet, und seine Enterprise-IT als "Digitale Fabrik" umstrukturiert. Alles zu Rolle des CIO auf CIO.de

Vom IT-Lenker zum Leiter einer digitalen Fabrik. Die Stellenbeschreibung des CIOs ändert sich mit der Digitalisierung.
Vom IT-Lenker zum Leiter einer digitalen Fabrik. Die Stellenbeschreibung des CIOs ändert sich mit der Digitalisierung.
Foto: Creativa Images_shutterstock.com

Dinge am Laufen halten war Gestern

Im Laufe der letzten drei Dekaden haben IT-Abteilungen weltweit Unmengen an IT-Systemen entwickelt, eingeführt, aktualisiert und abgelöst. Sie haben ihr Unternehmen förmlich digitalisiert, indem sie ERP- und CRM-Systeme, File-Server, Office-Lösungen und selbstentwickelte Applikationen eingeführt und am Laufen gehalten haben. Ein anderer Stellenwert wurde ihnen bis heute nicht zugesprochen. Die IT-Abteilung war schlichtweg die Instandhaltung für den IT-Maschinenraum, mit dem sich kein anderer Kollege beschäftigen wollte oder besser gesagt beschäftigen konnte.

Heute ist plötzlich alles anders. Mit dem Aufkommen der "Consumerization of IT" und dem immer einfacher werdenden Zugriff auf IT-Ressourcen, kann mittlerweile jeder Mitarbeiter ein iPhoneiPhone oder eine SaaS-Applikation bedienen. Schlimmer noch, plötzlich schreien alle nach der digitalen Transformation. Dies stößt in den meisten IT-Abteilungen auf Unverständnis. Digital transformieren? Schließlich wurden digitale Systeme in den letzten 30 Jahren eingeführt und unter eigener Kontrolle am Laufen gehalten. Der Begriff "Digitale Transformation" ist in der Tat ein wenig irreführend, insbesondere dann, wenn man selbst seit Jahrzehnten in der IT beschäftigt ist und in der Zeit sämtliche Entwicklungen miterlebt hat. Alles zu iPhone auf CIO.de

Die Digitale Transformation beschreibt den fundamentalen Wandel von Unternehmen hin zu einer vollständig vernetzten digitalen Organisation. Auf Basis von neuen Technologien und Applikationen werden hierbei immer mehr Prozesse und Prozesselemente umgestaltet und an Anforderungen wie Echtzeit und Vernetzung der digitalen Ökonomie angepasst. Es geht dabei also um die enge Verzahnung ganzer Prozess- und Lieferketten innerhalb des Unternehmens, sowie mit Partnern, Lieferanten und Kunden.

Schlussendlich geht es aber auch um eine engere Kundenbeziehung und ein optimiertes Kundenverständnis, über die Gestaltung und das Angebot einer besseren und vor allem dem Kunden angemessenen Customer Experience. Die Digitale Transformation beeinflusst somit die Kunden- und Geschäftsbeziehungen und verändert beziehungsweise bringt neue Wertschöpfungsketten hervor. Unter diesem Einfluss haben Unternehmen die Chance neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.

Für die IT-Abteilung geht es also mittlerweile um viel mehr, als nur den Status Quo zu erhalten und einfach nur die Dinge am Laufen zu halten. Die IT muss sich als strategischer Partner und Business Enabler verstehen und eng mit den unterschiedlichen Fachabteilungen zusammenarbeiten, um deren Bedürfnisse und Anforderungen zu verstehen. Insbesondere im digitalen Zeitalter und während der digitalen Transformation kann dies für ein Unternehmen zu einem strategischen Wettbewerbsvorteil werden.

Dieses Stimmungsbild zeichnet sich ebenfalls unter den deutschen Unternehmen ab. Ergebnisse der Crisp Research "Digital Business Readiness" Studie haben gezeigt, dass ein Großteil der befragten Unternehmen die eigene IT-Abteilung als Strategen (34 Prozent) beziehungsweise Ideengeber (21 Prozent) im Rahmen ihrer digitalen Transformation sehen.

Rolle der IT bei der Digitalisierung
Rolle der IT bei der Digitalisierung
Foto: Crisp Research AG

Die Erwartungen an die IT-Abteilung sind dementsprechend hoch, was noch einmal dadurch verstärkt wird, dass mehr als die Hälfte der Befragten (58 Prozent) die Digitale Transformation als ein IT-Paradigma verstehen. Damit stehen die IT-Abteilung und der CIO unter Zugzwang, als Enabler und Ideengeber für digitale Prozesse und Arbeitsweisen in den anderen Unternehmensbereichen aufzutreten. Das aus gutem Grund. Hidden Champions, gar Weltmarktführer finden sich in vielen Branchen der deutschen Wirtschaft wieder. Jedoch ist es notwendig, dass genau diese Unternehmen sich dem digitalen Wandel besonders intensiv widmen, um ihre Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit in Zukunft zu erhalten oder diese im Idealfall sogar zu stärken.

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