"Die erste Beförderung ist eine Belastung"

Die ersten 100 Tage als Chef

Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.

Nicht immer investieren Unternehmen in die systematische Management-Ausbildung und Persönlichkeitsentwicklung künftiger Führungskräfte. Oft entscheidet allein die fachliche Qualifikation, welchem Bewerber der Vorzug gegeben wird, auch wenn der Management-Job Personalverantwortung umfasst. "Manche Firmen vergessen, die Neuen mit der eigenen Führungskultur und den Unternehmensleitlinien vertraut zu machen", weiß Glitz. Dabei bieten diese Richtlinien eine gute erste Orientierung.

Realistische Einschätzung der neuen Aufgaben

Wenn Fachleute erstmals Verantwortung für ein Team übernehmen sollen oder ihre Aufgaben strategisch besonders wichtig sind, verlangt der Job besondere Fähigkeiten. Bisher mussten sie nur sich selbst und ihre Aufgabe managen, um diese gut zu erledigen. Als Führungskräfte sind sie nicht nur für das Team, sondern auch für seine Arbeitsergebnisse verantwortlich.

Diese neue Pflicht unterschätzen viele. Verantwortung für das Team beinhaltet auch, seine Mitarbeiter zu motivieren, Konflikte innerhalb der Truppe besprechen und Dissonanzen schnell erkennen und lösen. Wer zum ersten Mal eine Führungsaufgabe übernimmt, agiert mehr als Moderator und Ansprechpartner für die Kollegen und weniger als Experte. Dazu zählt auch, Aufgaben zu delegieren. Natürlich gibt es Naturtalente, die mit Charme und Charisma all diese Fähigkeiten mitbringen. Doch davon gibt es leider nicht so viele. Allen anderen helfen Persönlichkeitstraining, keinen Schiffbruch zu erleiden.

"Wer die Risiken kennt und die Führungskraft gut vorbereitet, spart Kosten", meint Berater Metz. Er empfiehlt Firmen, genau zu analysieren, welche Fähigkeiten der Neue mitbringen soll und wo er eingesetzt wird. Soll die Führungskraft in erster Linie ein Team leiten und zu Höchstleistungen motivieren oder geht es um die strategische Neuausrichtung der Abteilung?

Solche Fragen sollten in den Vorstellungsgesprächen geklärt werden, damit beide Seiten entscheiden können, ob der Bewerber den Anforderungen gewachsen ist und nicht nach einigen Wochen das Handtuch wirft. Falsche Versprechen helfen niemanden. Wer von einem Konzern zu einem inhabergeführten Unternehmen wechselt, sollte damit rechnen, dass sich der Geschäftsführer auch in Details einmischt, selbst wenn die Entscheidungswege anders festgelegt wurden. Auch in einem Startup sehen die Karrierewege anders aus als in einer etablierten Firma. Bewerber sollten sich genau überlegen, welche Unternehmenskultur besser zur eigenen Persönlichkeit und Berufsplanung passt.

Heikel wird es, wenn der Vorgänger wegen Unstimmigkeiten mit Eigentümer oder Geschäftsleitung gehen musste. Oft sind die Mitarbeiter ihrem früheren Chef gegenüber loyal und beäugen den Neuen sehr kritisch. "Wenn unter den Mitarbeitern Unzufriedenheit vorherrscht, sollte das im Team besprochen werden. Die neue Führungskraft muss wissen, was vorgefallen ist, um sich selbst zu positionieren und den eigenen Standpunkt zu erläutern, ohne schlecht über den Vorgänger zu sprechen", empfiehlt Beraterin Glitz.

Wer sich anfangs nicht in die Rolle einfindet, sollte Geduld mitbringen. "Manchmal hilft nur Durchhalten. In solchen Situationen kann ein Coach unterstützen, über Selbstzweifel lässt sich besser diskutieren und gemeinsam Lösungen entwickeln."

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