Die wöchentliche CIO-Kolumne

Die gute Seite der Verschwendung

Heinrich Seeger arbeitet als IT-Fachjournalist und Medienberater in Hamburg. Er hat über 30 Jahre IT-journalistische Erfahrung, unter anderem als Gründungs-Chefredakteur des CIO Magazins. Er entwickelt und moderiert neben seiner journalistischen Arbeit Programme für Konferenzen und Kongresse in den Themenbereichen Enterprise IT und Mobile Development, darunter IT-Strategietage, Open Source Meets Business, droidcon und VDZ Tech Summit. Zudem gehört er als beratendes Mitglied dem IT Executive Club an, einer Community von IT-Entscheidern in der Metropolregion Hamburg.
Es lässt sich nicht wegdiskutieren: IT-Outsourcing ist auf dem Vormarsch. Die aktuellste Stimme mit dieser Aussage ist die von Gartner. Auf dem Outsourcing Summit 2003 verkündete Analyst Roger Cox heute in London: Während der gesamte westeuropäische Markt für IT Services 2002 erstmals nicht gewachsen sei, verzeichne man bei Outsourcing-Dienstleistungen als einzigem Segment einen Anstieg. - Aber wo Licht ist, da ist auch Schatten.

Das Licht: Das Wachstum im Outsourcing-Markt - 6,3 Prozent auf fast 55 Milliarden US-Dollar haben die Marktforscher ausgemacht - spiegelt nicht nur nach Gartner-Einschätzung bedeutende und messbare Ertragseffekte wider, die sich mit einer fehlerfreien Outsourcing-Strategie erzielen ließen.

Der Schatten: Die positiven Zahlen, so die Marktforscher, kaschieren eine ganze Reihe von Negativ-Effekten. Vor allem sei auf Vorstandsebene die Zufriedenheit mit den geschäftlichen Wirkungen von Outsourcing-Verträgen gesunken, und zwar von 86 (2001) auf 50 Prozent. Sehr viel Geld, nämlich sechs Milliarden Euro, werde durch schlechtes Management der Vertragsbeziehungen zwischen Outsourcing-Kunden und -Dienstleistern verschwendet. Und immer noch viel zu häufig, ließ Gartner-Mann Cox sein Publikum in London wissen, würden Outsourcing-Verträge unterzeichnet, um kurzfristige Spareffekte zu erzielen; langfristige, strategische Geschäftsziele dagegen blieben beim Verhandeln und Abfassen der Verträge oft außer Acht.

Das Zwielicht: Der westeuropäische Outsourcing-Markt wies 2001 ein Volumen von 51,55 Milliarden US-Dollar auf, das Wachstum um 6,3 Prozent hat demnach ein zusätzliches Volumen von 3,25 Millarden Dollargebracht. Das ist etwas mehr als die Hälfte dessen, was laut Gartner durch schlechtes Vertragsmanagement zum Fenster hinausgeworfen wurde. (Wir nehmen hier der Einfachheit halber Dollar für Euro, was bei einem im Jahresdurchschnitt 2002 ungefähr paritätischen Wechselkurs statthaft erscheint). Ohne diese Fehler, die Gartner der Unreife des Markts zuschreibt, wäre also auch das Outsourcing-Business geschrumpft. Bis dato ist Missmanagement der wesentliche Treiber.

Man darf mutmaßen, welche Wirkung die unvermeidliche Reifung des westeuropäischen IT-Outsourcing-Markts wohl auf sein Volumen haben wird. Es sieht nach einem Gesundschrumpfungsintervall während eines langfristigen Wachstums aus. Wie lange dieses Intervall dauern wird, hängt von der Flexibilität der Dienstleister und der Weitsicht der IT-Entscheider in den Anwenderunternehmen ab.

Zur Startseite