Praxiserfahrungen von CIOs

Die Lessons Learned bei Bring Your Own

11.06.2012
Von Nicolas Zeitler

Aktiv propagiert er das Modell in der Würth-Zentrale bisher nicht. Es verbreite sich ohne großen Werbeaufwand auf Wegen, die der IT-Chef als "Guerilla-Marketing" bezeichnet: Wer davon weiß, probiert es aus und erzählt Kollegen davon. BYOD-Neueinsteigern beantworte die IT erste Fragen, sagt Häckel, weitergehenden Support gebe es aber nicht. Mit dem Ansatz, "Bring Your Own" auf freiwilliger Basis zuzulassen, sieht Häckel sich am besten gerüstet, unterschiedlichen Anforderungen der Anwender gerecht zu werden. "Für junge Mitarbeiter oder den Vorstand ist das vielleicht ein Muss, immer mit dem Neuesten zu arbeiten, aber gerade für die Älteren muss ich auch das klassische Modell mit Standard-PC anbieten", sagt Häckel. Zumindest für die nächste Zeit wolle er ganz bewusst beides zulassen.

Motivation nur ein Randaspekt

Dass es zumindest für die Bindung junger Mitarbeiter ein Muss ist, sie mit modischen Consumer-Geräten arbeiten zu lassen - auch das lässt nicht jeder CIO gelten. Ricardo Diaz vom Energieversorger EnBW etwa stellt sich bewusst gegen die aus Umfragen abgeleitete These, Unternehmen könnten schon wegen des Fachkräftemangels gar nicht mehr anders, als den von ihnen umworbenen jungen IT-Talenten Arbeitsgeräte eigener Wahl zu stellen. "Ich glaube, dass - abgesehen vielleicht von manchen Hochschulabgängern mit hoher IT-Affinität - die Wirkung von Bring Your Own auf die Motivation ein wenig überschätzt wird", sagt der IT-Chef.

Worüber neben dem Faktor Motivation noch viel spekuliert wird, ist die Frage, ob BYOD Support-Aufwand oder IT-Kosten senkt. Jürgen Häckel hat das bisher nicht gemessen, sagt aber: "Mein Eindruck ist, dass die Leute weniger Anfragen haben." Für Ricardo Diaz hingegen steht nach Abschluss des BYOD-Pilotprojekts bei EnBW die Erkenntnis: So viel Geld sparen lässt sich damit gar nicht. Kosten zu senken war bei dem Energieversorger mit Hauptsitz in Karlsruhe das wichtigste Motiv, vor gut einem Jahr die Idee von "Bring Your Own" aufzugreifen. Zwar sparte der IT-Chef Hardwarekosten. "Ein wesentlicher Kostenpunkt ist aber, die ganze Software, angefangen von Office-Paketen, für den Einsatz auf den Notebooks zu lizenzieren", sagt Ricardo Diaz. Fast grotesk mutet es an, dass die Lizenzkosten für EnBW anfallen, obwohl einige externe Mitarbeiter beispielsweise Office ohnehin schon selbst auf ihrem Rechner installiert und lizenziert haben. "Die Lizenzmodelle der großen Hersteller bieten für diesen Sonderfall leider keine Lösung", sagt Projektleiter Michael Amblank. Derzeit denken er und Diaz darüber nach, wie sich künftig auch hier sparen lässt.

Angefangen haben sie dennoch mit BYOD, auch wenn die Frage ungeklärt war. "Think big, start small" lautet eine weitere Lehre von Ricardo Diaz. Nach diesem Prinzip würde er wieder vorgehen, müsste er ein ähnliches Vorhaben noch einmal starten. Denn: Alle Eventualitäten ließen sich vorab ohnehin nicht klären, manche Planung würde ein BYOD-Projekt nur unnötig verzögern. Ähnlich sieht das Jesper Doub. Seit die Hauptstandorte von M. DuMont Schauberg drahtlose Internetzugänge haben, können die Mitarbeiter mit ihren neuen tragbaren Rechnern im Netz surfen sowie die geschäftlichen Mail- und Kalenderfunktionen nutzen - "sofern bestehende Betriebsvereinbarungen das zulassen", betont Jesper Doub.

Die Einschränkung ist unterschiedlichen Regelungen innerhalb der Mediengruppe geschuldet. Bis alle verschiedenen Aspekte der jeweiligen Standorte perfekt harmonisiert sind, wollte er aber nicht warten, es sollte losgehen. "Man kann bei einem solchen Ansatz nicht jedes Szenario mit seinen Details in einem Schritt bis zur letzten harmonisierten Ausbaustufe vorher durchdenken und planen; erfolgreich ist ein stufenweises Vorgehen", sagt er.

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