ZDF-Film "Schöne neue Welt"

Die Macht des Silicon Valley

16.06.2016
Das High-Tech-Zentrum Silicon Valley ist mehr als nur Brutstätte für Smartphones und Computer-Software. Wie Spitzenforscher von dort aus die Welt dramatisch neu aufstellen, zeigen Claus Kleber und Angela Andersen in ihrer ZDF-Dokumentation "Schöne neue Welt".

Malerisch im südlichen Teil der kalifornischen San Francisco Bay Area gelegen, beeinflusst das Silicon Valley bekanntlich das Leben von Menschen auf der ganzen Welt - mit dort entwickelten IT-Produkten wie Smartphones, Navis und der Google-Suchmaschine. Dass der 1951 begründete High-Tech-Standort jedoch zu einem umfassenden Machtfaktor angewachsen ist, der kurzfristig ganze Gesellschaften im Griff halten könnte, scheint vielen Nutzern weniger bewusst. Schlaglichtartige, so faszinierende wie auch erschreckende Eindrücke vor Ort gewannen die Journalisten Claus Kleber ("heute-journal") und Angela Andersen - zu erleben in ihrer zu später Stunde gezeigten ZDF-Doku "Schöne neue Welt - Wie Silicon Valley unsere Zukunft bestimmt" am Sonntag um 23.30 Uhr.

In rasanten Bildern und O-Tönen von prominenten Vordenkern wie Astro Teller, der die Forschungseinheit Google X leitet, erfährt der Zuschauer 60 Minuten lang von radikalen Entwicklungen etwa in Medizin, Gen-Technik und Bildung. So will der Neurowissenschaftler Adam Gazzaley das menschliche Gehirn, mit dem wir vor Tausenden von Jahren auf Bäume geklettert sind, schneller machen, damit wir mit den heutigen Informationsströmen noch zurecht kommen. Währenddessen investieren Konzerne wie Google Milliarden, damit die Beschleunigung atemberaubend bleibt.

Ein Nobelpreis dürfte Jennifer Doudna winken, Professorin der Universität Berkeley und Revolutionärin der Gen-Technik. Im Labor entwickelte sie ein Verfahren, mit dem sich Gene von Pflanzen, Tieren und Amöben punktgenau verändern lassen: Wie in einem Word-Dokument schneidet man Teile davon ganz simpel aus oder setzt sie auch neu wieder zusammen. Doudna weiß, dass sie damit in die Schöpfung eingreift und unermessliche Möglichkeiten zum guten wie zum bösen Gebrauch bietet. Die Wissenschaftlerin erklärt, dass es keinen Weg zurück gäbe - und plädiert stattdessen für Offenlegungen ihrer Forschungen und Diskussionen darüber in der Öffentlichkeit.

Medizinische Apps, die Diagnosen genauer als jeder Arzt stellen sowie interaktive Internet-Bildungsangebote, die Universitäten überflüssig machen, sind andere Projekte der Spitzenforscher im Valley. Bei ihrem rastlosen Tun profitieren sie von gigantischen Dollarflüssen durch die international agierenden Unternehmen ebenso wie von deren Vernetzungen mit akademischen Einrichtungen, etwa der Stanford University. Indes fallen bei ihren technischen Lösungen, die überaus nützlich sein und Weltprobleme lösen helfen können, Unmengen von Userdaten-Ansammlungen an. Und genau die sind es, die - in falsche Hände gelangt - am Ende für die Menschheit im großen Stil manipulierend und zerstörerisch wirken können.

ZDF-Moderator Claus Kleber interviewt Stanford-Professor Neil Jacobstein. Es geht darum, was in zehn bis 20 Jahren auf uns zukommt.
ZDF-Moderator Claus Kleber interviewt Stanford-Professor Neil Jacobstein. Es geht darum, was in zehn bis 20 Jahren auf uns zukommt.
Foto: ECO Media/ZDF.de

"Was sich verstärkt hat, ist die Ausbreitung eines allgemeinen Weltverbesserungsanspruchs", erklärt Grimme-Preisträger Kleber (60) im Schneideraum der Produktionsfirma Eco Media in Hamburg dazu der Deutschen Presse-Agentur, "den Kreativen geht es zunächst weniger um den Profit. Stattdessen sind alle im Wettbewerb "Wer hat die dramatischste Idee, die Welt besser zu machen?"." Keine Branche bliebe dabei vom Wandel verschont. Im Jahr 2007 hat der Nachrichtenmann, der von 1992 bis 1997 ARD-Korrespondent in Washington war, mit Andersen für beider Beitrag "Amerikas andere Seite" das Silicon Valley schon einmal besucht. Heute zeigt er sich von der neuen Dynamik und Bandbreite der Entwicklungen fasziniert.

Für Kleber ohne Zweifel ein zweischneidiges Schwert. "Die Gefahr ist genauso spürbar. Forscher und Firmen lehnen jede Form von Kontrolle durch Gesellschaft und Politik ab - nur der Markt soll entscheiden", sagt der Journalist. Zumal es in Deutschland Nachholbedarf gebe, sich dessen bewusster zu werden und zum Beispiel durch bessere High-Tech-Ausbildung junger Leute auf mehr Augenhöhe mit den Innovationen aus dem Valley zu gelangen.

Die Doku "Schöne neue Welt - Wie das Silicon Valley unsere Zukunft bestimmt" von Claus Kleber und Angela Andersen läuft am 19.6. um 23.30 Uhr im ZDF. (dpa/rs)

Zur Startseite