Projekte


SGL Carbon, K + S, Degussa, Lanxess

Die Mischung muss stimmen

04.07.2005
Von Patrick Goltzsch
Das Rezept der chemischen Industrie für 2005: Bei leichtem Wachstum die Kosten senken. Die Zutaten: Konsolidierung und Standards. Innovation auf kleiner Flamme köcheln.

Konservativ sei die Chemie-Industrie, sagt Jakov Cavar, Berater bei Pierre Audoin Consultants (PAC). "Die IT-Ausgaben gemessen am Gesamtumsatz fallen geringer aus als in anderen Branchen", begründet Cavar seine Einschätzung. Den Grund dafür sieht der Berater unter anderem in der Struktur der Branche. Da die Unternehmen am Anfang der Produktionskette stünden und selten mehr als 20 Prozent ihrer Produkte an Endverbraucher verkauften, fehle mit dem Verbrauchermarkt eine Triebfeder für den Ausbau der IT.

Diese Einschätzung mag Andreas Fermor, zuständig für die Prozessindustrie beim IT-Beratungs- und -Dienstleistungsunternehmen CSC Ploenzke, nur bedingt teilen. "Die Chemie-Industrie ist nicht konservativ, sondern vor allem pragmatisch", so Fermor. Allerdings räumt auch er ein: "Bei Innovationen im Bereich der IT halten sich die Unternehmen zurück." In der Vergangenheit hätten sie viel investiert, jetzt werde von der IT verlangt, ihre Versprechen einzulösen. Dementsprechend stehe in diesem Industriezweig die Optimierung von Produktionsabläufen und Prozessen obenan. An Projekte werde die Anforderung gestellt, sich innerhalb kurzer Zeit zu rentieren.

Zumindest die im MDAX vertretenen Chemiekonzerne haben jedoch, wie K + S oder SGL Carbon, in den letzten Jahren einen langen Atem bei der KonsolidierungKonsolidierung ihrer IT unter Beweis gestellt. Auch für die im vorigen Jahr aus der Bayer AGBayer AG ausgegründete Lanxess AG stand zunächst eine Verschlankung der Systemstruktur auf dem Programm. Abgesehen von diesem Sonderfall ist den Konzernen gemein, dass die letzten zehn Jahre ihrer Geschichte von Fusionen und Übernahmen geprägt waren. Damit entstand eine jeweils weltweit verstreute, zusammengewürfelte IT-Landschaft, die vereinheitlicht werden muss. Während CIO Ulrich Lamp bei K + S bereits auf einer "homogenen IT-Landschaft" aufbauen kann, hat SGL Carbon die Konsolidierung nach drei Jahren gerade abgeschlossen. Bei Degussa soll die Harmonisierung der IT bis 2008 erreicht sein. Top-500-Firmenprofil für Bayer AG Alles zu Konsolidierung auf CIO.de

SAP gilt als absoluter Standard

Eine zentrale Rolle für die Konzerne spielt dabei SAPSAP. Die Software aus Walldorf sieht Fermor als "absoluten Standard der Großindustrie". Sie enthalte viele nutzbare Funktionalitäten, da SAP die Anforderungen der chemischen IndustrieIndustrie aufgenommen habe. Allerdings müsse die vertikale Integration bis zu den Produktionsprozessen noch weitergeführt werden. Alles zu SAP auf CIO.de Top-Firmen der Branche Industrie

Unterschiede zeigen sich erst bei der Wahl der Plattform für die SAP-Installationen. Während Degussa-CIO Lucas Kuttler auf den Marktführer Microsoft zurückgreift, setzt Ulrich Lamp bei K + S auf Linux. Zwar finden sich bei SGL Carbon laut Christian Pagel derzeit kaum Unix-Server, doch den Gedanken, ebenfalls Linux einzusetzen, mag der CIO nicht ausschließen.

In der Einschätzung, welche Teile der IT für die Unternehmen strategisch bedeutsam sind, offenbaren die Konzerne Gemeinsamkeiten. Dienstleistungen, welche die IT-Abteilungen nicht zu Marktpreisen anbieten können, werden ausgelagert. Betroffen davon ist in jedem Fall die Vernetzung der Standorte. Sowohl Degussa als auch SGL Carbon stecken den Rahmen noch enger. Für SGL Carbon hat gerade der Dienstleister Thales den Betrieb der Rechenzentren und die Entwicklung und Anpassung der Software übernommen. CIO Pagel strebt an, die analytischen Systeme auszubauen. Bei Degussa betont Kuttler ebenfalls die zentrale Rolle etwa von Software für das Management der Beziehungen zu Kunden und Zulieferern. Und bei allen drei Unternehmen stehen Projekte zum Wissensmanagement auf der Agenda.

Als eine Besonderheit der Chemie-Industrie sieht PAC-Berater Cavar die Online-Marktplätze. So hat K + S zur Beschaffung technischer Geräte den Marktplatz cc-hubwoo in das Unternehmensportal eingebunden. Hersteller und Zulieferer verbindet seit 2001 die Plattform Elemica, zu deren Investoren auch Degussa gehört. Durch die Einbindung von Online-Marktplätzen erreichte die Chemie-Industrie auch eine StandardisierungStandardisierung der Kommunikation, sagt Fermor. Alles zu Standardisierung auf CIO.de

Parallel zu Marktplätzen mit einer Vielzahl von Anbietern und Nachfragern macht sich in der chemischen Industrie auch verstärkt der Trend bemerkbar, Abnehmer und Zulieferer bilateral miteinander zu verknüpfen. Von den unter dem Stichwort "CollaborationCollaboration" laufenden Projekten kann sich Kuttler vorstellen, dass sie in Zukunft zu Lasten der Online-Märkte gehen könnten. Ploenzke-Consultant Fermor glaubt dagegen nicht an eine Kannibalisierung der Umsätze: "Es handelt sich um unterschiedliche Zielgruppen." Alles zu Collaboration auf CIO.de

Zur Startseite