Kosten reduzieren als Strategie

Die sieben Baustellen der Lufthansa

19.06.2016
Der Verlust seiner Finanzchefin ist nicht die einzige Baustelle für Lufthansa-Chef Carsten Spohr. In einer erfolgreichen Phase des Geschäftsverlaufs muss er die Kosten in den Griff bekommen.
Lufthansa-Chef Carsten Spohr
Lufthansa-Chef Carsten Spohr
Foto: Christian Schlüter / Lufthansa

Trotz des Rekordgewinns im vergangenen Jahr zieht die LufthansaLufthansa in allen Bereichen die Kostenbremse an. Die vom Billig-Kerosin gestützte Luftverkehrskonjunktur kann sich schnell abkühlen. Lufthansa-Chef Carsten Spohr hat sich bis dahin viel vorgenommen, um Europas größten Luftverkehrskonzern neu aufzustellen. Top-500-Firmenprofil für Lufthansa

Lufthansa Cargo

Die Frachtsparte der Lufthansa leidet unter den vom Billigkerosin angeheizten Überkapazitäten am Markt. Reine Frachtflugzeuge voll zu bekommen wird immer schwieriger, weswegen Lufthansa Cargo nun 80 Millionen Euro im Jahr sparen soll. Weltweit fallen 800 Vollzeitstellen weg, davon 500 in Deutschland. Und der Bau des neuen Frachtzentrums am Drehkreuz Frankfurt ist auf unbestimmte Zeit verschoben.

LSG Sky Chefs

Die Catering-Sparte stand im Konzern schon öfters auf der Kippe. Nun will Lufthansa den WeltmarktführerWeltmarktführer in Sachen Bordverpflegung bis 2021 selbst auf Niedrigkosten trimmen. In Deutschland wackelt jede dritte von 5500 Vollzeitstellen, wenn zumindest die simplen Gerichte für die Europastrecken in Tschechien billiger zubereitet werden. Die Gewerkschaft Verdi sieht sich getäuscht, weil die Mitarbeiter in den Großküchen schon seit 2013 auf Gehaltsteile verzichtet haben, um ihre Arbeitsplätze zu sichern. Betriebsbedingte Kündigungen sind aber nur bis Ende 2020 ausgeschlossen. Top-Firmen der Branche Transport

Lufthansa Technik

Trotz deutlicher Gewinnsteigerung im vergangenen Jahr muss auch der Weltmarktführer der Flugzeugwartung sparen. Um den Zuschlag für Langzeitverträge für neue Triebwerkstypen zu erhalten, müssten die Kosten insbesondere an den deutschen Standorten sinken. Schon heute arbeitet mehr als die Hälfte der über 20000 Lufthansa-Techniker an ausländischen Standorten.

Ausbau Eurowings

Lufthansa hat in diesen Tagen vorgestellt, wie sie sich die Zusammenarbeit mit anderen Gesellschaften unter dem Markendach "Eurowings" vorstellt. Das Konzept "Wingsconnect" reicht vom simplen Leasing einzelner Flugzeuge samt Crew bis hin zu Kapitalverflechtungen zwischen der Partner-Airline und Eurowings. Angeblich gibt es bereits ein knappes Dutzend Interessenten. Das Angebot dürfte vor allem für kleinere Gesellschaften in Nord- und Osteuropa interessant sein, die alleine nicht überlebensfähig sind. Lufthansa kann so billiges Personal einsetzen, ohne die Leute selbst einzustellen.

Nach Einschätzung des Luftfahrtexperten Heinrich Großbongardt muss die Eurowings schnell wachsen, um mit kostengünstigeren Konkurrenten wie Ryanair, Easyjet oder Wizz Air einigermaßen mithalten zu können. Das Konzept sehe Geschäftsbeziehungen vor, die in der Industrie bereits seit längerem erprobt seien. "Für kriselnde Airlines ist das vielleicht der letzte Strohhalm, für Lufthansa ein Höchstmaß an Flexibilität." Bleibt die Frage, wie die neuen Airlines auf ein akzeptables Service-Niveau gehievt werden können. "Zur Sicherheit wird es sicherlich strenge Vorgaben geben. Es bleibt aber darüber hinaus sehr schwierig, mit so vielen Partnern ein homogenes Produkt zu organisieren", meint Berater Gerald Wissel.

Komplettübernahme Brussels Airlines

Eigentlich war die Komplettübernahme der bisherigen 45-Prozent-Beteiligung schon beschlossene Sache, bis die Terrorangriffe auf den Brüsseler Flughafen die Lage dramatisch verschärften. Lufthansa will jetzt bis Oktober entscheiden, ob sie die auch im kommenden Jahr noch bestehende Option bei Brussels zieht. Die 23 Airbus-Jets aus der A320-Familie würden gut in die noch zu kleine Eurowings-Flotte passen. Umstritten ist die Zukunft der zahlreichen Afrika-Verbindungen der ehemaligen belgischen Staats-Airline.

Konzern-Vorstand

Der Abgang von Finanzchefin Simone Menne zum Pharma-Hersteller Boehringer Ingelheim hinterlässt eine deutliche Lücke im Vorstand. Da ihr Abschied intern schon länger diskutiert wurde, ist die Suche nach einem geeigneten Nachfolger schon weit gediehen, heißt es in Unternehmenskreisen. Spohr soll sich dafür stark gemacht haben, einen externen Finanzexperten an Bord zu holen und nicht erneut auf eine interne Lösung zu setzen.

Tarifverhandlungen

Die komplexen Tarifkonflikte mit den Piloten und den Flugbegleitern sind trotz zuletzt positiver Signale immer noch nicht ausgeräumt. Die nun konkreteren Pläne zum Einsatz ausländischer Gesellschaften unter dem Wings-Dach dürften die Gewerkschaften Ufo und Vereinigung Cockpit nicht versöhnlicher stimmen. Zudem geht in Wien in diesen Tagen die lufthansa-eigene Tochter Eurowings Europe an den Start, an der sich der Konflikt wegen angeblicher Tarifflucht zuerst entzündet hatte. (dpa/rs)

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