Die wöchentliche CIO-Kolumne

Die Zukunft kommt langsamer

Johannes Klostermeier ist freier Journalist aus Berlin. Zu seinen Spezialgebieten zählen unter anderem die Bereiche Public IT, Telekommunikation und Social Media.
Die Geschichte der UMTS-Träumer von Mobilcom hat eine ganze Branche verunsichert und das Fortschrittsdenken der Technologie-Apologeten auf Jahre diskreditiert.

Die Zeit für Visionäre in den Unternehmen ist um. Die Hauptversammlungder Mobilcom AG am Montag könnte rückblickend als die Veranstaltung in die Geschichte eingehen, die den Zusammenbruch der New Economy-Epoche noch einmal zusammen fasst. Auf der außerordentlichen Hauptversammlung zählte der ganz und gar uncharismatische Ex-Finanzvorstand und jetzige Mobilcom-Chef des Unternehmens Thorsten Grenz schonungslos auf, warum Mobilcom mit UMTS kein Geld verdienen kann.

Ein UMTS-Engagement, so rechnete der neue CEO vor, hätte sich für Mobilcom auf Jahrzehnte nicht ausgezahlt. Auch unter optimistischen Annahmen wären alle Gewinne auf Jahrzehnte an die Kreditgeber gegangen, so hoch hätten die Schulden sich aufgetürmt. Die Annahmen, was die Kunden bereit wären zusätzlich für schnelle Datendienste auszugeben wären unrealistisch gewesen. Eine Killerapplikation habe man nicht gefunden.

Gerhard Schmid, 1991 Gründer, einst mächtiger Chef des Unternehmens und immer noch Fortschrittsvisionär, mochte Grenz nicht zuhören und gab stattdessen lieber ein Stockwerk tiefer Interviews in der Lobby. Der 51-jährige Schmid hatte einen Traum, den Traum von der schönen, neuen Welt mit UMTS. Und daran hält er auch im Niedergang, wo es um ihn herum erschreckend einsam geworden ist, unbeirrt fest. Am Rande der Versammlung forderte er den Weiterbetrieb des UMTS-Netzes mit einem anderen Partner.

Dabei ergeht es Schmid, seiner Frau Sybille Schmid-Sindram und Mobilcom wie der Frau des Fischers im Märchen "Vom Fischer un sin Frau", die bekanntlich unter Größenwahn leidend nie genug bekam und ganz am Schluss der Geschichte wieder im Pisspott sitzt.

Mobilcom will sich jetzt wieder wie schon zu Beginn auf das mühsame Geschäft als Serviceprovider konzentrieren. Und das halbfertige UMTS-Netz des Unternehmens im Wert von einer Milliarde Euro werden die Büdelsdorfer abmontieren, wenn sich nicht bis Ende März ein Käufer gefunden hat. Vielleicht habe ja ein arabischer Scheich Interesse, hieß es in Unternehmenskreisen - wie im anderen Märchen, dem aus 1001 Nacht.

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