Arbeitsleben

Dienstreisen: Schauen Sie aus dem Fenster!

27.11.2023
Von Ferdinand Knauß

Das Zugabteil als Großraumbüro

Wer jeden Tag lange Pendelfahrten zwischen Heim und Arbeitsplatz absolviert, oder wie Unternehmensberater an drei bis vier Tagen pro Woche auf Achse ist, für den wird das Reisen selbst zum Alltag - statt zur Dehnungsfuge. Solche Dauerdienstreisenden müssen vielleicht wirklich die eine oder andere Aufgabe unterwegs erledigen. Umso wichtiger ist es, sagt Geißler, die Übergangsphasen von Arbeit und Freizeit zu ritualisieren. Wer auf der gesamten Fahrt mit Arbeit beschäftigt ist, und noch unmittelbar vor der letzten U-Bahn-Station dienstliche E-Mails liest, der wird auch im Arbeitsmodus zu Hause ankommen.

Und für entsprechende Stimmung in der Familie sorgen. Wenn sich Kinder beklagen, dass ihre Eltern zu wenig Zeit für sie haben, liegt es meist daran, dass die Eltern auch zu Hause mit den Gedanken noch bei der Arbeit sind. "Wer seine Familie pflegen und stabilisieren will, der braucht vor der Heimkehr einen Übergangsprozess", sagt Geißler. Dieses Abschalten kann man durch Muße im Zug erleichtern oder durch irgendein Ritual auf dem Heimweg, das als Zeitpuffer zwischen Arbeitswelt und Familienleben tritt. Das kann ein Umweg durch den Park sein oder ein kleiner Bummel durch die Buchhandlung.

Erst recht gilt das für lange Dienstreisen ins Ausland. Wer die kurzen Stunden des Fluges über den Atlantik ausschließlich der Arbeit widmet, und sich keine Ruhephase der Umstellung auf das fremde Land gönnt, der kommt auch gar nicht richtig an am Ziel der Reise. Den wird der Jetlag dafür umso härter treffen.

Die Entgrenzung des Arbeitens durch die neuen Medien, die das Arbeiten überall und unterwegs möglich machen, ist eine Dauerquelle für StressStress und Erschöpfung. Der Brei von Arbeit und Privatheit, in dem vor allem Viel-Reisende und Dauerpendler leben, bedeutet zwar eine Verlängerung potenzieller Arbeitszeiten, aber auch eine Potenzierung der Störungen. Alles zu Stress auf CIO.de

Im Großraumabteil eines Zuges oder im Flugzeug herrschen ähnliche Bedingungen wie in einem Großraumbüro. "Wenn Sie oberflächliche Arbeiten verrichten, ist das kein Problem. Aber für den Tiefgang braucht man Isolation", sagt Geißler. Man kann im Zug ebenso wenig ein Buch schreiben wie im Café. Denn jeder Mensch braucht bis zu 15 Minuten Anlauf nach jeder Unterbrechung, um wieder da weiterzumachen, wo er aufgehört hat. Für Viel-Reisende ist, ähnlich wie für Großraum-Arbeiter die Stress-Umgebung ein Dauerzustand. Sich im Zug so zu konzentrieren, dass tiefsinnige Arbeit möglich wird, erfordert große Anstrengung, die zu unverhältnismäßiger Erschöpfung führt. Deshalb stellen überfleißige Laptop-Arbeiter am Zielbahnhof angekommen oft fest, dass sie nicht so wahnsinnig viel geschafft haben, dafür aber selbst mächtig geschafft sind.

Die fünf Branchen mit dem höchsten Anteil an Pendlern

1

Industrieller Anlagenbau

2

Verarbeitende Industrie

3

Chemie-, Pharma- und Bio-Industrie

4

Technikbranche

5

Agrarwirtschaft

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