Verbesserung der IT-Performance ist nicht ausreichend

Digitalisierung muss IT-getrieben sein

20.01.2015
Ima Buxton arbeitet als freie Redakteurin in München. Sie schreibt schwerpunktmäßig zu Strategie- und Trendthemen.
Die Digitalisierung entscheidet über Gewinner und Verlierer. Um in diesem Wettbewerbsumfeld bestehen zu können, sind Firmen auf ihren kompetentesten und zugleich mächtigsten IT-Mitarbeiter als Motor für die Digitalisierung angewiesen: den CIO.

"Alle unsere neuen Geschäftsmodelle sind IT-getrieben", sagt Andreas König, CIO bei ProSiebenSat.1. "Und zwar insbesondere im Content-Bereich unseres Unternehmens, wo sich gerade der Wandel vom klassischen TV-Geschäft hin zum digitalen Online-Videogeschäft vollzieht". Nicht anders sieht es beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt aus: "Der Anteil der IT-gestützten Forschung wächst unaufhörlich weiter", erklärt CIO Hans-Joachim Popp.

Und auch Roland Krieg, CIO bei der Betreibergesellschaft des Frankfurter Flughafens Fraport, weist im Gespräch mit CIO.de auf den Stellenwert der IT als Enabler bei der Umsetzung digitaler Produkte und Services hin: "Wir haben neue Lösungen und neue Verfahren im Hintergrund entwickelt, um Fluggast-Passagieren mobile Retail-Informationen, aber auch Informationen zu Wartezeiten geben zu können." Damit könne der klassische B2B-Player Fraport auch den Passagier in den Fokus nehmen und mehr Nähe zum Endkunden erzeugen.

CIOs müssen ihre alte Rolle ablegen

Alle drei CIOs machen in ihren Aussagen gegenüber CIO.de klar: Die IT spielt im aktuellen Marktumfeld eine entscheidende Rolle für den Erfolg von Unternehmen. Und ihre Bedeutung nimmt weiter zu, ja muss weiter zunehmen, meint Marktforscher Gartner in seinem Executive Report "Flipping to Digital Leadership: The 2015 CIO Agenda": "Um den Nutzen derDigitalisierungDigitalisierung auszuschöpfen, genügt es nicht, die Leistungsfähigkeit der IT zu verbessern", proklamieren die Gartner-Analysten darin. "CIOs müssen ihre alte Rolle ablegen und eine neue Führungsrolle für die Bereiche Informationen und Technologie, Wertschöpfung und Mitarbeiter übernehmen." Mit anderen Worten die Digitalisierung muss IT-getrieben sein, damit Firmen in einer zunehmend digitalen Welt überleben können. Alles zu Digitalisierung auf CIO.de

Noch bis vor wenigen Jahrens galt es als primäre Aufgabe der IT, das Business durch effizientere und kostengünstigere Rechenleistung zu unterstützen. Die Industrialisierung der IT auf Basis von Automatisierung und Standardisierung war deshalb für CIOs das Gebot der Stunde. Doch binnen weniger Jahre schob sich ein neues Anforderungsprofil vor die Industrialisierungsmaxime: die Digitalisierung.

IT muss zwei große Aufgabenbereiche abdecken

"Die Unternehmens-IT ist in eine dritte Ära eingetreten, in der die Digitalisierung Geschäftsmodelle transformiert und über Gewinner und Verlierer in allen Branchen, in allen Teilen der Welt entscheidet", beschreibt Gartner diese Entwicklung. Damit muss die IT heute zwei große Aufgabenbereiche abdecken: Sie muss zum einen das effiziente Fundament für die Abwicklung von Geschäftsprozessen bilden und muss gleichzeitig als "agilere und experimentellere IT" Motor der Digitalisierung sein.

Kommentar "Digitalisierung ist IT-getrieben"

von Dr. Michael Fuchs, dr. Fuchs Personalberatung

Dr. Michael Fuchs ist langjähriger SAP-Beratungsexperte. Er war Geschäftsführer bei Accenture und in der Geschäftsleitung der SAP. Heute ist er geschäftsführender Gesellschafter der dr. Fuchs Personalberatung und der dr. Fuchs Senior Advisors.

Die Digitalisierung ist nicht mehr zu stoppen. Sie fordert vorbehaltsloses Umdenken und belohnt die Unternehmen, die schnell reagieren und mutig ihr Geschäftsmodell darauf ausrichten. Im Kern bedeutet dies, mit bereichsübergreifendem Blick einerseits die unternehmenseigene Wertschöpfung mit allen möglichen und scheinbar unmöglichen Digitalisierungsideen zu konfrontieren und andererseits das Consumer-Verhalten bestmöglich zu analysieren und zu antizipieren.

Gefordert sind demnach Experten, die die Prozesszusammenhänge verschiedenster Fachbereiche verstehen und die darin schlummernden Datenzusammenhänge und Datenschätze erkennen und heben können. Weiterhin müssen diese Experten wissen, was IT-technisch möglich, IT-architektonisch umsetzbar und in Sachen Datenschutz zulässig ist. Wer, wenn nicht der CIO hat seit Jahren genau damit zu tun?

Der CIO als Digital Business Leader

Es ist also mehr als legitim, den formal besten IT-Experten des Unternehmens in die Diskussion und Gestaltung neuer Geschäftsmodelle und Produkte einzubeziehen – und das von Anfang an.

Gott sei Dank gibt es Unternehmen, die das nicht mehr in Frage stellen und den CIO ganz selbstverständlich als festes oder zumindest regelmäßiges Mitglied des Boards anerkannt haben - laut der Lünendonk-Studie "Der Markt für IT-Beratung und IT-Service in Deutschland" von 2014, ist der CIO in zumindest ca. der Hälfte der 44 größten Anwenderunternehmen in die fürs Unternehmen maßgeblichen Entscheidungen mit einbezogen. Aber leider ist dies aus meiner Sicht immer noch viel zu wenig, gerade wenn es um Themen wie die Digitalisierung des Geschäftsmodells, Services aus der Cloud oder Industrie 4.0 geht.

Führungsanspruch muß auch eingeklagt werden

Waren Gestern noch der möglichst kostengünstigste Betrieb der IT-Landschaft und ein hoher interner Service-Level die Haupterwartungen an das IT-Management, so gehört dies Heute allemal zur gegebenen Hausaufgabe. Gebraucht werden CIOs als Motor für die „Digitale Revolution“.

Zugegeben, nicht jeder, der den Titel CIO trägt, ist ein geborener Digital Business Leader. In solchen Fällen findet dann vielleicht auch der vielfach diskutierte zusätzliche Chief Digital Officer (CDO) seine Berechtigung. Allerdings bin ich der Ansicht, daß diese Rolle und die damit verbundene Aufgabe und Verantwortung der ureigenste Anspruch eines jeden CIOs sein muß. Andernfalls wird er die digitale Zukunft in seinem Unternehmen nicht „überleben“. Das belegt übrigens auch die Tatsache, daß viele Personalabteilungen derzeit ausgesprochen aktiv im Recruiting von zukünftigen IT- und Digitalisierungs-Fachkräften zugange sind.

Damit einher geht die Erwartung an die CIOs, diesen Führungsanspruch auch anzunehmen und einzuklagen. Jammern gilt dabei nicht, denn das neue Selbstverständnis birgt die fast schon „IT-historische“ Chance, die Rolle des CIOs neu zu positionieren. Das erwartet laut der aktuellen Gartner-Studie „CIO-Agenda 2015“ übrigens auch der Großteil der CEOs, denn die „Digitale Revolution“ ist nun mal IT-getrieben!

Gerade für eine agilere und experimentellere IT müssen viele Unternehmen noch die Voraussetzungen schaffen. Gartners Senior Vice President Peter Sondergaard skizzierte bereits vor mehr als einem Jahr auf dem alljährlichen Gartner-Symposium, worin seiner Ansicht nach die Aufgaben des CIOs liegen - ihm muss es gelingen, im Unternehmen fünf Kernfunktionen abzudecken, um die digitale Transformation zu ermöglichen: Schaffung einer unternehmensweiten Architektur zur Unterstützung digitaler Technologien sowie einer entsprechenden Informationsarchitektur, Schaffung geeigneter Cyber-Security und Risk-Strukturen, die Einbindung des industrialisierten IT-Ecosystems innerhalb und außerhalb des Unternehmens und schließlich Einnahme einer digitalen Führungsrolle, um alle LOB-Manager in den Transformationsprozess einzubinden.

Neue Wettbewerbshürde durch nächste Welle der Digitalisierung

Schon heute sind laut "Digital Leadership"-Studie Cloud, Mobility, Social und Big Data quasi als Basistechnologien der Digitalisierung fest im Denken der Fachbereiche verankert. Die nächste Welle digitaler Technologien und Trends werde aber eine neue Wettbewerbshürde errichten. CIOs überprüfen daher ihre Organisation besser auf ihre digitale Reife und stellen sich im Sinne einer zukunftsfähigen Entwicklung ihres Unternehmens gegebenenfalls an die Spitze der digitalen Bewegung.

CIOs haben diesen Führungsanspruch übrigens bereits vielfach verinnerlicht. Sie erheben in ihren Organisationen durchaus Anspruch auf die digitale Führungsrolle, wie Gartner anhand der aktuellen Erhebung "CIO-Agenda 2015" nachweisen kann. Und sie erhalten dabei Unterstützung von ihren CEOs: Diese erwarten nämlich aktuellen Gartner-Studien zufolge geradezu von ihren obersten IT-Managern, sich des Themas anzunehmen und die digitale Verantwortung zu ergreifen.

Roland Krieg, CIO Fraport, im Interview

"Wir haben neue Lösungen entwickelt, um Fluggast-Passagieren mobil Retail-Informationen, aber auch Informationen zu Wartezeiten geben zu können."

Andreas König, CIO ProSiebenSat.1, in Interview

"Wir sind in Europa eines der führenden Unternehmen im Bereich Fernsehen und digitale Unterhaltung"

Hans-Joachim Popp, CIO Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, im Interview

"Der Anteil der IT-gestützten Forschung wächst unaufhörlich weiter"

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