Denglisch

Doof sind immer die anderen

07.09.2015
Von Nicolas Zeitler
Laut einer Umfrage des Freiberufler-Portals Gulp sind IT-Experten gar nicht so versessen auf englische Begriffe, wie man denken könnte. Fast die Hälfte findet Anglizismen überflüssig und sogar peinlich.
Laut einer Umfrage des Freiberufler-Portals Gulp sind IT-Experten gar nicht so versessen auf englische Begriffe, wie man denken könnte. Fast die Hälfte findet Anglizismen überflüssig und sogar peinlich.
Foto: Gulp

Bei der IT-Tochter eines Konzerns taten sich die Mitarbeiter schon schwer damit, dem Sprachtrainer zu erklären, was sie überhaupt taten. "Support von PCs", lautete die immergleiche Antwort. Erst nach einigem Nachfragen gelang es Pogarell, eine neue Formulierung für die Arbeit der IT-Mannschaft zu finden: "Wir sorgen dafür, dass 26.000 PCs laufen", hieß es fortan. Eine unspektakuläre Änderung, die aber die IT vor unkundigen Anwendern in ein völlig anderes Licht rücke. Mitarbeiter in IT-Abteilungen öffneten sich nach anfänglicher Gegenwehr denn auch meist sehr schnell für seine Vorschläge, sich statt auf Fachenglisch lieber auf Deutsch auszudrücken.

Für diese Offenheit spricht auch eine Umfrage, die das IT-Freiberufler-Portal Gulp.de veröffentlicht hat. Nur etwas mehr als die Hälfte der Teilnehmer hält Anglizismen im Arbeitsleben für hilfreich und verwendet sie gern - auch, weil sie die Kommunikation vereinfachten. Der mit 48 Prozent nur unwesentlich geringere Teil der Befragten stimmte dagegen der Aussage zu, englische Ausdrücke seien unnötig und peinlich. Es gebe ja auch deutsche Wörter dafür.

Datenstift statt USB-Stick

Die muss allerdings selbst ein Sprachexperte wie Reiner Pogarell manchmal erst finden. Ein deutscher Ausdruck für Tablet-PCs? Da muss er spontan passen. In solchen Fällen dürfe man aber das Bemühen um einen deutschen Begriff nicht aufgeben. Die deutsche Sprache sei ein Kulturgut, das man erhalten müsse - auch in der Welt der Bits und Bytes. "Wichtig ist, wenn wir technische Neuerungen haben, dass die auch in unserer Sprache entstehen", sagt Reiner Pogarell.

Als Beispiel nennt er den Auto-Airbag. Von Mercedes Benz erfunden, habe die Schutzvorrichtung zunächst den einleuchtenden Namen "Prallkissen" getragen. Erst kurz vor der Markteinführung habe man den Luftsack umbenannt in Airbag. "Mit der Folge, dass heute viele gar nicht wissen, dass das eine deutsche Erfindung ist", sagt Pogarell. Fasziniert zeigt er sich da, wenn sich neue deutsche Begriffe etablieren. Die Rohlingspindel, auf der CDs zum Selbstbrennen verkauft werden, sei vor einigen Jahren so ein Beispiel gewesen.

Pogarells Kritik an unbedachtem und überflüssigem Einsatz von Englisch fängt schon bei auf den ersten Blick ganz harmlosen Begriffen an. Warum USB-Stick sagen? "Ich nenne das Datenstift", sagt er. "Das ist doch eine ganz einfache Sache: Stick heißt Stift, kombiniert mit dem Begriff Daten weiß jeder, was gemeint ist." Auch das Wort Chat für Unterhaltungen übers weltweite Datennetz lehnt der Sprachpfleger ab. "Im Deutschen denkt man, das klingt so modern, dabei ist das ein ganz altbackenes englisches Wort für Plaudern", sagt Pogarell.

Kein Feierabend beim Kampf gegen Denglisch

Den Kampf gegen seiner Ansicht nach unnötige englische Begriffe wird er weiter führen - beruflich am Institut für Betriebslinguistik wie auch privat. Sein Sohn ist Programmierer. "Ich frage mich immer wieder, warum er sich nicht so ausdrücken kann, dass auch ich es verstehe", sagt Reiner Pogarell.

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