Die zwei Gesichter

Dr. Demand & Mr. Supply

Weg 1: Change über Qualifizierung

In der IT ist Dr. Demand neuerdings ein gefragter Mann. Dieter Pütz von der Deutschen Post AG etwa hat selbst den Weg vom Allround-IT-Mann zum IT-Bedarfs-Spezialisten gemacht. Jahrelang als IT-Leiter für Danzas Euronet beschäftigt, war er vom Kostenbewusstsein getrieben, die Margen waren knapp, das Tagesgeschäft prägte seinen damaligen Job. Jetzt sieht der Abteilungsleiter für IT-Strategie und -Planung im Brief-Bereich Themen wie „Nachhaltigkeit und Prozesse aufsetzen“ als wichtig an. „An der Schnittstelle zu Dienstleistern sind besondere Skills nötig“, so der IT-Manager, der das Weiterbildungskonzept für das gesamte IT-Demand-Personal der Deutschen Post AG mit entwickelt hat.

Mitarbeiter sollen sich in der Business-Analyse auskennen, als Berater bei strukturellen Problemen fungieren, Prozesse der fachseitigen Architektur kennen und mit modernen Managementmethoden umgehen können. IT-Skills sind nicht alles, doch muss ein Gefühl für den IT-Nutzen da sein, so das Anforderungsprofil der Deutsche Post AGDeutsche Post AG. Von den 8000 IT-Mitarbeitern der Deutschen Post World Net arbeiten 1200 im Demand- Management, der Rest übernimmt Supply-Aufgaben wie den Rechenzentrenbetrieb oder Programmierungen. Für den 600 Mann starken IT-Demand-Bereich der Brief- Sektion hat Pütz eine Ausbildungskampagne gestartet, die Mitte 2003 startete. Für 2006 und 2007 sind für jeden Demand-Mitarbeiter vier Workshops geplant, einmal drei und dreimal zwei Tage lang. Top-500-Firmenprofil für Deutsche Post AG

Deren Inhalte reichen von der Vermittlung von Grundlagen wie „strukturierte Problemlösung“ bis zum „Projekt-Management“. In Aufbaukursen kommen die Kommunikation mit dem Training der Gesprächsführung, von Verhandlungen und Motivationstechniken sowie die IT-Analyse zum Zuge.Wer wie jeder zehnte Demand-Mitarbeiter zum Führungskräfte-Kreis zählt, bekommt das Seminar „IT-Führung“ angeboten: Hier geht es um Mitarbeiterführung, um Trainings für die Präsentation vor dem Lenkungsausschuss – und den Umgang mit organischen Veränderungen der Organisation. Die Integration der Filialen in den Brief-Bereich hatte vor zweieinhalb Jahren die Trennung zwischen dem Demand- und Supply-Bereich und eine Stärkung des Demand-Bereichs nötig gemacht. Inzwischen hat der Gesamtkonzern Deutsche Post World Net die Trennung der beiden Antipoden als Konzernstrategie ausgerufen.

Weg 2: Change im Prozess

Doch Ausbildung ist nicht alles, wie Organisationsforscher Rüegg-Sturm bestätigt: „Sie müssen ein Maximum an Ausbildung in Aufgaben integrieren.“ Die Fähigkeit zum Wandel sei nicht Durchwursteln, seien nicht Ausbildungsprogramme, sondern, Probleme im Prozess selbst zu lösen. Der Grund: „Die Eigendynamik wird in der Regel unter- und die Planbarkeit überschätzt“, so Rüegg-Stürm, der über Unternehmenstransformationen habilitiert hat. Ein projektbegleitendes Mentoring etwa sei wirkungsvoller als Ausbildungsprogramme, die er grundsätzlich für problematisch hält. Beim Liechtensteiner Bauunternehmen Hilti etwa, das Rüegg-Stürm seit einigen Jahren berät, sei man „immer im leichten Trab“ in Hinsicht auf die Bewältigung von Veränderungen. Der Konzern mit 2,2 Milliarden Euro Umsatz ist für seine geringe Mitarbeiterfluktuation und gute Geschäftszahlen bekannt. Das Hilti-Management hat eine Feedback- Kultur etabliert und veranstalte regelmäßig „cultural journeys“, in die auch der Vorstand eingebunden ist.

Die Regel ist Kulturarbeit jedoch nicht – auch nicht in Hinsicht auf die Trennung von Demand und Supply, die einen Paradigmenwechsel im Umgang mit der IT bedeutet. Martin Claßen, Leiter HR-Beratung und Change Management bei Capgemini, sieht etwa großflächige strukturiert angelegte Maßnahmen weniger in den Unternehmen. „Der Outsourcing- und Offshoring- Druck macht neue Business-Funktionen nötig“, so Claßen, und „schafft damit Raum für Demand-Management.“ Nach seiner Erfahrung „wird das Doing oft verlagert, die Aneignung neuer Kompetenzen jedoch den Einzelnen überlassen“.

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