Frauen-Netzwerk

"Du kannst gern auch über Frauen meckern"

Christiane Pütter ist Journalistin aus München.
Männer muss Frau reden lassen, dann finden sie eine smart. Und Chefinnen können ganz schön "bitchy" sein. Zwei Erkenntnisse des ersten Treffens vom neuen Netzwerk "Women create Tech" in München.
  • Erstes Treffen des Frauennetzwerks "Women create Tech" mit rund 220 Besucherinnen in München.
  • Erfahrungsaustausch der überwiegend jungen Besucherinnen in der Männerdomäne IT mit praktischen Tipps von Frau zu Frau.

Ein blauer Teppich (im Gegensatz zu rosa?) weist den Weg in einen großen, hohen Raum. Kühler Elektro-Pop perlt aus hohen Lautsprechern, in feinen Gläsern perlen Cocktails mit Erdbeere oder Gurke. An der Wand hinter der Bühne prangt vor leuchtendem Gelb ein klarer Schriftzug: "Women create Tech". Es ist das erste Treffen des neuen Frauen-Netzwerks der Schwedin Charlotta Asell. Sie hat sich die Messe Internet World in München für den Auftakt in Deutschland ausgesucht.

Asell ist Product- and Communication Manager beim Payment-Anbieter Klarna in Schweden. Ihr Motiv: interessierte Frauen aus IT und High-Tech zusammenzubringen. Sie will die Karriere-Chancen von Frauen verbessern.

Dieses etwas abstrakte Ziel brechen die Interessentinnen in München zunächst einmal auf Dinge herunter, die Hand und Fuß haben. "Wieso gibt's hier denn keine Stühle? Ich bin den ganzen Tag auf der Messe gestanden", so der erste Eindruck einer jungen Frau, als sie an einen der hohen weißen Stehtische tritt. Eine andere erklärt: "Ich verschwinde nochmal kurz an die Garderobe. Ich muss die Heels von den Füßen kriegen und meine bequemen Schuhe anziehen." Die Dritte, mit hilflosem Blick zu den weißgekleideten Serviererinnen: "Ich brauch' einen Kaffee, aber ich glaub', die haben hier nur Wasser und Cocktails!"

Rund 250 Frauen hatte Asell im Vorfeld erwartet, im Laufe des Abends werden es etwa 220. Trotz schmerzender Füße ist die Stimmung aufmerksam, als Moderatorin Jenny Jung, Portfolio Manager bei Lakestar, die Rednerinnen auf das Podium bittet. Die Business-Praxis vertreten Caroline Drucker, jüngst von Etsy in Berlin zu Instagram nach London gewechselt, Annette Leonhard-MacDonald (Leonhard-MacDonald Ventures), und Gründerin Andrea Pfundmeier (Boxcryptor). Forrester-Analystin Sucharita Mulpuru ergänzt die Runde. Meeting-Sprache ist Englisch.

So unterschiedlich die Frauen sein mögen, so ähnlich sind doch ihre Erfahrungen in der männergeprägten Technik-Welt. Fast gemahnen sie an tradierte Überlieferungen aus dem vergangenen Jahrtausend. "Zweifel an der Kompetenz der Frauen sind in der Tech-Szene häufiger", sagt Pfundmeier. "Der Staat sollte über die Steuerpolitik nicht fördern, dass Mütter zu Hause bleiben", erklärt Mulpuru. "In meiner ersten Stelle als Managing Director war doch ich diejenige, die sich auch organisatorisch um alles gekümmert hat", erinnert sich Leonhard-MacDonald. "Ich habe versucht, mit den Jungs mitzuhalten, aber das hat mir zu viele Kater verursacht", berichtet Drucker.

Männer reden anders mit Frauen

Dann ist das Publikum dran. Was könne frau denn tun, wenn sie merkt, dass Männer mit ihr anders reden als mit Männern, so die erste Frage. Die Moderatorin will von den Rednerinnen wissen: "Gibt es eine von euch, die diese Erfahrung NICHT gemacht hat?" Schweigen.

Schließlich rät Leonhard-MacDonald: "Genau das offen ansprechen!" Eine andere Frau braucht einen Tipp, wie sie Männer im Gespräch knacken kann. "Das ist einfach", versichert Mulpuru. "Männer reden furchtbar gern über sich selbst. Frag sie erstmal über sich selber aus!" Dafür gibt es Gelächter und Szenen-Applaus - erst recht, als Drucker anfügt: "Und sie werden denken, wow, die ist sooo smart!"

Mehr Eigenverantwortung!

Dann meldet sich eine weitere Besucherin zu Wort. "Wir haben hier viel über Männer gemeckert-", beginnt sie. Moderatorin Jung unterbricht: "Oh, du kannst gern auch über Frauen meckern", und die Frau schildert ihre Erfahrung mit einer Chefin, die sehr "bitchy" war und Untergebene schlecht behandelt hat. Für Drucker ist das kein geschlechtsspezifisches Verhalten. "So etwas ist immer ein Hinweis auf ein vergiftetes Arbeitsklima", sagt sie. Und appelliert an die Eigenverantwortung der Frauen: "Be the change you want to see in the world!"

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