Weltweite mafiose Elektroschrott-Netzwerke

Dunkle Machenschaften in der Recyclingkette

Beate Wöhe leitete als Director Experts Network das IDG Experten-Netzwerk für alle Online-Portale der IDG Tech Media GmbH. Sie hatte diese Position nach über zehnjähriger Tätigkeit als Redakteurin und leitende Redakteurin des IDG-Titels ChannelPartner im Juli 2014 übernommen. 

"Um sicher zu stellen, dass die Abfälle zu professionelle Recycling-Anlagen gelangt, wird ein akribisches Kontrollsystem betrieben. Theoretisch dürfte also in Europa kein einziges Stück auf dem Weg zur Recycling-Anlage verloren gehen" sagt die Filmproduzentin. Die Europäische Union dagegen schätzt, dass mindestens zwei Drittel des europäischen Elektromülls niemals in einer offiziellen Recycling-Anlage ankommen.

Wieso das so ist, zeigt der Filmbeitrag am Beispiel einer Recherche der spanischen Verbraucherschutzorganisation. 16 entsorgte Haushaltsgeräte wurden mit GPS-Trackern versehen, um deren weiteren Weg verfolgen zu können. Sie wurden anschließend bei öffentlichen Sammelstellen abgegeben. Ein bei einer Sammelstelle in Granada entsorgter Computer wurde mittels des GPS-Senders bereits nach wenigen Stunden zu einem verlassenen Gelände verfolgt. Solche Diebstähle sind in Spanien ein wachsendes Problem. Menschen stehlen Elektroschrott, um zu überleben. "Manche kommen mit dem Vorschlaghammer - einige bauen die Geräte hier auseinander und andere nehmen sie mit", erzählt die Leiterin des Wertstoffhofes. So lässt sich beispielsweise die Kupferspule eines Fernsehers für 2 Euro an einen Schrotthändler verkaufen, weiß die Filmproduzentin Dannoritzer.

In 15 Tagen durch Madrid

Wie auch komplette Geräte ihren Weg zu den Schrotthändlern finden, fand die spanische Verbraucherorganisation ebnfalls heraus - wir erinnern uns: die GPS-Tracker. Bei Ikea in Madrid gab die Organisation eine Waschmaschine mit dem Wunsch des Recycelns ab. Diese Waschmaschine legte in den kommenden 15 Tagen quer durch Madrid eine Strecke von 800 Kilometern zurück. Das Ziel war ein Schrotthändler am Stadtrand von Madrid. Professionelle Recyclinganlage? Fehlanzeige. Das Gesamtergebnis der spanischen Verbraucherorganisation: Nur vier der 16 getrackten Geräte kamen tatsächlich bei einer offiziellen Recycling-Anlage an. Immerhin blieben aber alle Geräte innerhalb des Landes.

Ein ganz anderes Bild zeigt der Film in England auf. Dort berichtet Phil Coran, Berater für Müllmanagement bei 360 Environmental von illegalen Machenschaften und Schmiergeldern, die an vermeintlich offizielle Entsorger bezahlt werden und so die Geräte verschwinden lassen. "Wenn man als Subunternehmer für das Recycling dieses Mülls bezahlt wird und ihn stattdessen einfach in einen Container packt und ihn verschickt, verdient man doppelt. Man bekommt dann noch zusätzliches Geld von dem Importeur in Afrika oder Fernost", erklärt Coran.

Von einem spektakulären Fall, der im Jahr 2011 als Opéracion Fragmento bekannt wurde berichtet der Filmbeitrag von spaniens erstem Elektroschrottfall. Sogar die Richter, die darin lediglich eine Ordnungswidrigkeit sahen, mussten davon überzeugt werden, dass es sich hierbei um einen Strafbestand handelt. Ein Netzwerk aus Mitarbeitern der Sammelstellen und Recycling-Anlagen hatten nicht nur die für die Verwertung erhaltenen Gelder unterschlagen, sondern auch die Kühlschränke ausgeschlachtet. Der Streitwert des Verfahrens: 10 Millionen Euro.

Der Filmbeitrag zeigt eine Vielzahl weiterer Beteiligter in verschiedenen Ländern und an unterschiedlichen Stationen des illegalen Handels. Auch die Reaktionen von Einzelhändlern, die eigentlich zur Rücknahme eines Gerätes verpflichtet sind, wenn der Kunde ein gleichwertiges Gerät in ihrem Laden kauft.

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