Keine Hierarchien, keine Taktik - einfach Mal entspannen

Echte Freunde statt ein Business-Netzwerk

09.03.2009
Von Klaus Werle

Stefan Eikelmann (40) und Konstantinos Zarras (42) merkten schnell, dass sie auf einer Wellenlänge funken. Der Deutschland-Chef von Booz & Company und der Chefarzt der Chirurgie am Düsseldorfer St. Vinzenz-Krankenhaus lernten sich vor sieben Jahren beim Skifahren in Galtür kennen - über Eikelmanns Frau, die als Ärztin beruflich mit Zarras zu tun hatte. Seither fahren die Familien oft gemeinsam in Urlaub und treffen sich zwei-, dreimal im Monat zum Essen, zu Ausflügen oder zum Shoppen. Nicht nur die Familie (beide haben einen zwei Jahre alten Sohn) und die Begeisterung für Fußball (Zarras: Schalke, Eikelmann: Bremen) schaffen Gemeinsamkeit, sondern auch die gleiche Denkweise: "Wir haben beide eine sehr direkte Art und einen hohen Anspruch an uns selbst", sagt Eikelmann.

Wenn der Unternehmensberater und der ebenfalls nicht unter Langeweile im Job leidende Chirurg reden, geht es deshalb viel um das Management von Beruf und Familie und kaum um Klienten und ProjekteProjekte. "Eher frage ich Stefan umgekehrt nach Budgetplanungen und ähnlichen Dingen, weil das die Hälfte meiner Zeit beansprucht", sagt Zarras, der sich wiederum mit ärztlichem Ratschlag bei Kinderkrankheiten revanchiert. Eikelmann schätzt besonders das Unkomplizierte der Freundschaft, die spontanen Besuche, "oder dass keiner eingeschnappt ist, wenn ein Termin mal platzt". Gar nicht so leicht sei es, jemanden zu finden, der dafür Verständnis habe, meint Zarras, und in der hierarchiegläubigen Medizinerwelt als Chefarzt Freundschaften zu schließen sei sowieso fast unmöglich: "Wenn ich den Oberarzt zum Kaffee bitte, schrillen bei dem doch sofort alle Alarmglocken." Alles zu Projekte auf CIO.de

Zwischen Funktionsträger und Privatperson

Ein Problem, das Topmanagern nur allzu bekannt sein dürfte. Denn das romantisch-deutsche Ideal, eine echte Freundschaft habe frei zu sein von Hierarchien und Abhängigkeiten, lässt sich in den Chefetagen nur schwer einlösen. "Menschen in Toppositionen sind extrem vorsichtig, weil sie Angst haben, ausgenutzt zu werden, und sich umzingelt sehen von Ansprüchen auf der einen Seite sowie Menschen, die ihnen nur nach dem Mund reden, auf der anderen. Viele kommen zu mir und sagen: "Ich vertraue nur meiner Frau", sagt Coach Hauser. Sie stecken im Dilemma zwischen Funktionsträger und Privatperson, und viele halten dann die Selbstkontrolle wie einen Schutzschild hoch, um nur ja nicht zu viel preisgeben zu müssen.

Kaum erstaunlich, dass Manager in Freundschaften am meisten Wert auf Diskretion und Vertrauen legen. "Wulf schätzt es, dass er bei uns nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen muss", sagt Dieter Worms, der Golfplatzbesitzer und Herr über das Frühstücksmüsli. Worms (58), wasserblaue Augen, graues Haar im sportlichen Schnitt, blickt auf Grün 18 seines "Guts Apeldör", wo sich die Altweibersonne im Wasserhindernis spiegelt, und erzählt, wie es so ist, mit einem Vorstandsvorsitzenden in den Ferien. Natürlich, da sind die Faxstapel von Eon, die in jedem Golfdomizil warten, und die Telefonate, für die schon mal ein Flight verschoben werden muss. "Wir kennen uns aber so lange, da wissen wir, wie auf wen Rücksicht zu nehmen ist. Jeder hat so seine Eigenheiten."

Soziologen nennen das die "Reziprozitätsregel": Freundschaften leben vom gleichberechtigten Austausch. Und deshalb wird abends bei gutem südafrikanischem Wein und Zigarren über die Frage, ob der Textilhändler einen neuen Laden kaufen und ob Worms neben dem Golfplatz ein Hotel bauen soll, genauso lebhaft diskutiert wie über Bernotats Besuch in Sibirien bei Gazprom.

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