Wo CIOs sich treffen

Erfolgreich vernetzt

02.05.2005

Doch auch in diesem Punkt werden die CIOs enttäuscht. 30 Prozent der Umfrageteilnehmer bemängeln, dass sie sich in Netzwerken zu wenig mit IT-Anwendern austauschen können. Roland Gosebruch, CIO des Münchener Luxusdamenmode-Herstellers Escada, geht deshalb kaum noch auf Treffen. Die Agenda der Veranstalter bietet ihm zu wenig Zeit für persönliche Gespräche. Auch trifft er auf Großveranstaltungen wegen des breiten Spektrums von Themen und Besuchern nur selten einen Gesprächspartner, den gerade die gleichen Fragen und Probleme bewegen. Gosebruch hilft sich deshalb lieber selbst: Als er vor mehr als zwei Jahren bei Escada anfing, knüpfte er vor allem in der Modebranche Kontakte. "Innerhalb einer Branche spricht man die gleiche Sprache und arbeitet an ähnlichen Themen", sagt er.

Die überwältigende Mehrheit der Netzwerker unter den Teilnehmern unserer Umfrage nutzt informelle persönliche Kontakte, um das Defizit der Veranstalter auszugleichen: Mehr als 80 Prozent tauschen sich mehr als ein Mal im Jahr mit ehemaligen Kollegen und langjährigen Bekannten aus. Für Kühne+Nagel-CIO Engel sind persönlich aufgebaute Netzwerke die wichtigste Informationsquelle: Personen, die er seit vielen Jahren aus der Branche kennt, mit denen er früher mal zusammengearbeitet oder die er auf Veranstaltungen getroffen hat. "Mit bekannten Leuten diskutiere ich auch heikle Fragen, kann mich kritisch äußern und weiß, dass es vertraulich bleibt", sagt Engel. "Wenn ich ein Problem lösen will, nutze ich meist persönliche Netzwerke, weil das am schnellsten geht."

Frühere Kollegen denken ähnlich

Auch IT-Vorstand Oletzky besorgt sich Informationen über informelle Kanäle. So zum Beispiel von seinen alten McKinsey-Kollegen, die heute unter anderem IT-Vorstände bei der Post und der Postbank sind. "Meine ehemaligen Kollegen haben einen ähnlichen Hintergrund wie ich und kommen aus der gleichen Denkschule. Deshalb haben sie einen ähnlichen Blick auf die Probleme, was die Lösungsfindung erleichtert."

Der frühere IBM-Mitarbeiter Gosebruch geht etwas anders vor. Branchen- und IT-Kenntnis hält er bei persönlichen Beziehungen für wichtig, formale Kriterien jedoch gar nicht: "Es ist mir ehrlich gesagt gleichgültig, ob jemand CIO ist oder nicht. Ich gehe nicht nach Amt und Hierarchie." Vielmehr orientiert sich Gosebruch an Menschen, die er für kompetent und vertrauensvoll hält. Denn Personen wechselten im Laufe des Arbeitslebens zwar ihre Positionen, aber ihre menschlichen und fachlichen Eigenschaften blieben die gleichen. "Wenn man solche Kontakte über Jahre aufbaut, dann bekommt man eine Basis, auf der man vertrauensvoll und erfolgversprechend arbeiten kann", resümiert er.

Gosebruch spricht aus Erfahrung, denn als er nach langen Jahren in den USA nach Deutschland zurückkehrte, verhalfen ihm die lang gepflegten Kontakte zu ersten Aufträgen als freier Berater. Später fand er durch sie auch eine neue Anstellung. "Gute Jobs findet man fast nur noch über Netzwerke", sagt der Escada-CIO, der sich gerade in den Ruhestand zurückzieht. "Für jüngere Kollegen ist das die beste Gelegenheit, erste Kontakte zu knüpfen und bekannt zu werden."

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