Verbraucherschützer kritisieren EU-Vorschläge

EU erlaubt Roaming-Gebühren auch 2017

Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Handynutzer im EU-Ausland müssen auch künftig auf Roaming-Gebühren achten. Nach dem Willen der EU-Kommission können Reisende künftig lediglich 90 Tage pro Jahr ohne Zusatzkosten telefonieren und im Internet surfen.

Seit Jahren hatte die EU-Kommission Bürgern und Reisende für 2017 das Ende der Roaming-Zuschläge für SMS, Internet surfen und telefonieren versprochen. Diese versicherte auch wiederholt Günter Oettinger, EU-Kommissar für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft, in Gesprächen. Nun scheint die EU aber vor den Interessen der großen Carrier eingeknickt zu sein.

Von einem komplette Wegfall der Roaming-Aufschläge ist in einem Entwurf der Brüsseler Behörde keine Rede mehr. Stattdessen favorisiert man in Brüssel nun eine "Fair Use Policy" mit deutlichen Einschränkungen, obwohl sich EU-Staaten und Europaparlament erst 2015 den weitgehenden Wegfall der Roaming-Gebühren für die Handynutzung im EU-Ausland beschlossen hatten.

Von den Einschränkungen sind vor allem User betroffen, die häufig im Ausland sind - etwa Studenten, die in einem anderen EU-Land studieren, LKW-Fahrer, Piloten so wie viele Geschäftsreisende, aber auch Urlauber, die länger in ein EU-Land verreisen. Dem Entwurf zufolge soll die eigene SIM-Karte lediglich 90 Tage pro Jahr ohne Roaming-Aufschläge im Ausland genutzt werden können. Zudem sollen die Mobilfunkbetreiber verlangen können, dass der User sich nach 30 Tagen Auslandsaufenthalt in sein Heimnetz einloggt - ansonsten werden Roaming-Gebühren fällig. Diese dürfen die Mobilfunker - so der Entwurf - auch verlangen, wenn der Nutzer seine Flat exzessiv im Ausland nutzt. Schwammig ist dabei im Entwurf von eine "abusive or anomalous consumption" die Rede. Doch ohne den heimischen Internet-Anschluß und WLAN-Zugang dürfte gerade im Ausland das Mobilfunknetz stärker als im Heimatland für das Internet genutzt werden.

Grenzpendler sollen allerdings von den Regeln ausgenommen sein. Flatrate-Kunden sollen wenigstens den Durchschnittsverbrauch ihres Pakets nutzen können, bevor Auslandsgebühren anfallen. Mit den Einschränkungen will die Kommission nach eigenem Bekunden verhindern, dass Kunden bei einem billigeren ausländischen Anbieter einen Vertrag abschließen, ihn aber nur im Heimatland nutzen. Das könne längerfristig zu steigenden Preisen führen, hieß es von der Kommission. Der Entwurf soll noch mit der EU-Telekom-Regulierungsbehörde Berec und den einzelnen EU-Staaten besprochen werden.

Der europäische Verbraucherschutzverband Beuc hat die Brüsseler Pläne kritisiert, die Roaming-Gebühren im EU-Ausland nur für lediglich 90 Tage pro Jahr statt unbegrenzt wegfallen zu lassen. "Diese weitreichenden Einschränkungen bedeuten, dass das lange versprochene Ende des Roamings für die meisten europäischen Verbraucher keine Realität wird", sagte Beuc-Experte Guillermo Beltrà in Brüssel (dpa)

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