Netzwerke

Falsch verbunden

17.09.2007
Von Klaus Werle und Sven Böll

In Hahns Banking-Club tummeln sich Angestellte der Sparkasse Flensburg ebenso wie Mitarbeiter des Nobelgeldhauses Sal. Oppenheim. Sie tauschen sich über offene Stellen aus oder über Fachfragen. 25.000 Experten an einem Punkt konzentriert: Da kann Google nicht mithalten.

Nur: Das Google-Problem, aus der Masse die Klasse zu filtern, ist auch auf Xing virulent. Die Gruppe "Vogelspinnen und andere Wirbellose" etwa ist längst nicht die einzige, bei der der Businessbezug auch auf den dritten Blick nicht zu erkennen ist. Freizeitverabredungen zum Kochen oder Bowlen nehmen großen Raum ein. Dazu kommt allerlei Halbseidenes, wie das Angebot eines Finanzvertrieblers, der mit der Aussicht auf ein "hoch qualifiziertes Traineeprogramm" Nachwuchs für seine Drückerkolonne sucht.

Der Segen des Internets ist hier zugleich sein Fluch: Jeder kann sich jederzeit zu allem äußern. "Eine der wichtigsten Funktionen von Xing und anderen Online-Netzwerken ist die Selbstbestätigung, nach dem Motto: "Ich poste, also bin ich'", sagt der Freiburger Mediensoziologe Michael Schetsche: "Wer vom Kollektiv abgekoppelt wird, dessen Identität bricht zusammen." Für Menschen mit viel Tagesfreizeit ist das Kommentieren in den Xing-Foren so zur wichtigsten Zwischendurchbeschäftigung avanciert: Was früher "Moorhuhn" war, nennt sich heute Networking.

Kontaktieren braucht Strategie

Lektion 2: Um Experten oder Gleichgesinnte zu treffen, kann ein Blick in die Foren lohnen. Doch viele halten bei Weitem nicht, was sie versprechen.

Die Grundidee aller Netzwerke ist das Small-World-Phänomen, das der Soziologe Stanley Milgram 1967 beschrieb: Jeder Mensch ist mit jedem anderen über eine überraschend kurze Kette von Bekanntschaften verbunden. Mit Xing wird das Phänomen radikalisiert: Selbst für den Praktikanten ist jeder CEO nur ein paar Mausklicks entfernt. Fraglich bleibt - kleine Welt hin oder her - ob der CEO überhaupt etwas von dem Praktikanten wissen will.

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