Strategien


Uber-Syndrom

Furcht vor branchenfremder Konkurrenz wächst

Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Die Ubers uberisieren

Auch mit der Umsetzung von Veränderungen tun sich viele Unternehmen offensichtlich schwer. "Am schwierigsten ist die Auswahl des richtigen neuen Geschäftsmodells", sagte der COO einer landwirtschaftlichen Genossenschaft in Frankreich. Auch die Sorge, zu viel und zu früh zu investieren oder bestehende Umsatzströme zum Versiegen zu bringen, hemmt die Manager. Neben dem finanziellen Rahmen dreht sich vieles um die Organisation der Veränderung. Etliche CxOs merkten in der Umfrage an, wie schwierig es sei, neue Modelle innerhalb der bestehenden Rahmenbedingungen des Unternehmens zu testen.

Sich mit neuen Ideen im eigenen Unternehmen zu verschanzen, sei jedoch ein Kardinalfehler, warnen die Studienautoren. Um ein erfolgreiches neues Geschäftsmodell zu entwickeln, müsse man für gewöhnlich außerhalb der normalen Unternehmensumgebung experimentieren. Es gelte, zahlreiche unterschiedliche Ideen zu entwickeln und zu testen, die vielversprechendsten Ideen weiterzuverfolgen und sie erst dann in die Tat umzusetzen, wenn man überzeugt sei, dass sie in der Praxis funktionierten.

Oft hätten die Unternehmen auch eine zu eingeschränkte Sicht auf ihre Optionen. Scheuklappen erlaubten vielfach nur den Blick auf die Wertschöpfungskette weiter oben, statt auch einmal in die andere Richtung zu sehen. Die IBM-Studie führt an dieser Stelle den Tomatenmarkhersteller Morning Star an. Als das Unternehmen mit Lieferproblemen zu kämpfen hatte, begann es kurzerhand, selbst Tomaten anzubauen. Mit Erfolg: Mehr Sorten mit verschiedenen neuen Geschmacksrichtungen führten letzten Endes zu einer deutlich breiteren Produktpalette.

Der Fokus auf die Basis des eigenen Geschäfts hat aus Sicht der Studienurheber noch einen weiteren Vorteil: Wenn man in der Wertschöpfungskette weiter nach unten rückt, kann man sich zudem besser gegen die "Wadenbeißer" verteidigen, von denen viele die unteren Marktsegmente im Visier haben, schreiben sie. Die Kontrolle der unteren Bereiche der Wertschöpfungskette verkleinere die Schlupflöcher, durch die digitale Invasoren schlüpfen könnten. Doch diese Erkenntnis ist noch nicht weit verbreitet.

Nur wenige CxOs würden darüber nachdenken, geschweige denn konkret planen, eine völlig neue Kundengruppe anzusprechen oder in eine neue Branche einzusteigen. "Die große Mehrheit der CxOs hat offenbar keine Ambitionen, die 'Ubers' selbst zu 'uberisieren'."

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