Verbundgruppen

Gemeinsam gegen die IT

Christiane Pütter ist Journalistin aus München.

Wolfgang Hackenberg nennt eine weitere Ursache: „Bei den Verbundgruppen und ihren Mitgliedern schlagen alle Probleme des Mittelstandes auf.“ Konkret: Wagt sich ein Unternehmen an die Digitalisierung und plant zum Beispiel, ein elektronisches Dokumenten-Managemement einzuführen, droht die Keule ComplianceCompliance. Hackenberg: „Die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen(GDPdU) kann ein 53-jähriger Handwerksmeister nicht bewältigen.“ Es schrecke das Metier ab, dass ein Datenschutzbeauftragter fällig wird, sobald eine Firma ein bisschen Größe erreicht hat. Wolfgang Hakkenberg sieht hier den Gesetzgeber gefordert, kleinere Brötchen zu backen. Alles zu Compliance auf CIO.de

Misstrauen gegen „die da oben“

Günter Schmid kann das bestätigen. Statt des lang versprochenen Bürokratie-Abbaus kämen ständig neue Vorschriften hinzu, klagt der Geschäftsführer der I+M Infokom, dem IT-Bereich der Verbundgruppe Eurobaustoff. „Viele unserer kleineren Mitglieder sind völlig überfordert, wenn sie nach den GDPdU geprüft werden, obwohl wir in Veranstaltungen darüber aufklären“, berichtet er. Überhaupt gelte die IT, so Schmid nüchtern, bei manchem Baustoffhändler als „Teufelszeug“. Auf das Anliegen der Verbundgruppen-Zentrale, den Rechnungsaustausch zu digitalisieren, kommt da schon einmal die Antwort: „Was hab’ ich denn davon, ihr wollt doch bloß kein Papier mehr verschicken.“

Dazu passt das Ergebnis der Kölner Verbundgruppen-Studie, wonach nur 37 Prozent der befragten Unternehmen mit anderen Mitgliedern und 43 Prozent mit ihren Lieferanten per Softwaresystemen im Datenaustausch (EDI) stehen. Trotzdem: Die Autoren der Studie rennen beim Infokom-Chef nicht mit jeder ihrer Thesen offene Türen ein. „Wieso gilt ein geringer Standardisierungsgrad bei denen denn automatisch als negativ?“, fragt Günter Schmid. Das Kernproblem liege woanders, nämlich in der geringen Prozessintegration. Dass Daten doppelt und dreifach eingegeben werden, dass infolgedessen Fehler entstehen – hier tut sich die große Baustelle seiner Verbundgruppe mit ihren rund 600 Mitgliedern auf.

Hoffnungsträger junge Generation

Und anders als es die Kölner Studie wiedergibt, wird darüber durchaus gesprochen. Die Eurobaustoff-Zentrale rührt für dieses Thema denn auch kräftig die Werbetrommel. „Dafür haben wir sogar ein Motto entwickelt“, grinst Schmid. So hängen auf Veranstaltungen Plakate mit dem Slogan „Integrationsvorteile nutzen – Vorsprung ausbauen“. Ob nun aber Standardlösungen oder Eigenentwicklungen integriert würden, spiele keine Rolle.

Wer Verbundgruppen Software und insbesondere Standard-Lösungen verkaufen will, hat, so die Erfahrung von Günter Schmid, außerdem mit einem Mentalitätsproblem zu kämpfen. Die Mitgliederstrukturen sind heterogen und versammeln viele kleine und mittelständische Betriebe. Die seien nicht bereit, sich an Verbindlichkeiten zu halten - man koche eben gern sein eigenes Süppchen. Und das gelte nicht nur für die IT, sondern sogar für den so stark priorisierten Bereich Einkauf. „Da meint jeder, er kann es noch besser und billiger machen“, seufzt Schmid.

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