Die wöchentliche CIO-Kolumne

Herkules kann noch nicht laufen

Johannes Klostermeier ist freier Journalist aus Berlin. Zu seinen Spezialgebieten zählen unter anderem die Bereiche Public IT, Telekommunikation und Social Media.

Doch die Öffentlichkeit wird sich über kurz oder lang auch für das IT-Projekt der Bundeswehr interessieren. Wer dann sich, wie der Geschäftsführer des Toll-Collect-Konsortiums Michael Rummel, wundert, warum MedienMedien und Bürger Details wissen wollen, "obwohl das doch nur ein IT-Projekt ist", hat nicht viel verstanden. Und Rummel ist bekanntlich seit letztem Monat nicht mehr im Amt. Top-Firmen der Branche Medien

Die Öffentlichkeit wird auch fragen, warum das Projekt Herkules so lange dauert. Mit der Materie vertraute Unternehmer erzählen jedenfalls interessante Details über das Bemühen des Bundes, sich auf Kosten der privaten Partner abzusichern. So sollten diese etwa unterschreiben, fünf Jahre lang die Munition der Bundeswehr zu versichern. "Da finden Sie doch nie eine Versicherung, die das Risiko abdeckt", sagt der Insider und wundert sich über das Ansinnen.

Die größten Bremser für die IT-Reform sehen Bundeswehr-Vertreter in der Ministerialbürokratie . Denn diese würde mit der Auslagerung von Diensten am meisten an Macht und Bedeutung verlieren. Doch es gibt auch viele, die geradezu die Öffentlichkeit suchen, weil sie verstanden haben, dass mit der Modernisierung der Informationstechnologie sich neue Möglichkeiten einer modernen Armee realisieren lassen. Das US-Schlagwort dafür lautet: Network Centric Warfare, zu Deutsch: "vernetzte Operationsführung". Die Idee dahinter: Durch die optimale Nutzung des Faktors Information soll die Schlagkraft der Streitkräfte insgesamt wesentlich erhöht werden.

Am 30. November 2001 gaben die Konsortien ihre Angebote ab; bereits viel früher hatte der Bund seine Anforderungen fixiert. Niemand sollte sich etwas vormachen: Bei der Schnelllebigkeit der IT läuft der Bund Gefahr, zwar möglicherweise ab 2004 modernere IT zu bekommen - allerdings auf dem Stand von 1999. Wenn Herkules nicht bald kommt, bedeutet das, dass die verfügbaren Haushaltsmittel der Bundeswehr im Bereich IT ausschließlich für den Erhalt der Altsysteme eingesetzt werden müssten. Das sagt kein übelwollender Außenseiter, sondern der IT-Direktor im Bundesverteidigungsministerium, van der Giet.

Herkules ist ein enorm komplexes Projekt, mit dem die Bundeswehr nach eigener Aussage eine Vorreiterrolle für die gesamte öffentliche Verwaltung übernommen hat. Aber erstmal muss Herkules selbst seine ersten eigenen Schritte machen. Und das kann noch dauern.

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