"Strategische" Geschäftsfelder wachsen aber

IBMs Umsätze sinken jetzt schon im 13. Quartal

Thomas Cloer war Redakteur der Computerwoche.
IBM baut weiter um in Richtung Big Data Analytics, Cloud, Security und Mobile. Auch wenn es dabei Fortschritte gibt, reicht das ein weiteres Mal nicht für konzernweites Wachstum.

Die Erlöse von IBMIBM sinken nun schon im 13. Quartal in Folge um dieses Mal 13,5 Prozent, wie IBM gestern Abend nach Schluss der US-Börsen mitteilte. Konzerchefin Virginia "Ginni" Rometty hatte schon vor Monaten erklärt, das Geschäftsjahr 2015 werde eines der Transformation sein mit ambitionierten Initiativen und gleichzeitig enormen Herausforderungen - beide finden sich in den Zahlen zum zweiten Quartal (PDF-Link) wieder. Alles zu IBM auf CIO.de

In den neuen Geschäftsfeldern, IBMs "strategischen Initiativen", meldet der Konzern ein währungsbereinigtes Wachstum von 30 Prozent. Den erstarkten Dollar herausgerechnet stiegen die Einnahmen im Bereich Cloud Computing (im Wesentlichen mit dem Zukauf SoftLayer) um 70 Prozent und die Data-Analytics-Umsätze mit unter anderem den "Watson"-Lösungen um mehr als 20 Prozent.

Insgesamt aber waren sowohl Umsatz auch Gewinn rückläufig, selbst wenn man zwischenzeitlich verkaufte Aktivitäten wie beispielsweise die an Lenovo veräußerten x86-Server und die Effekte des erstarkten US-Dollars herausrechnet; IBM macht das meiste Geschäft außerhalb der USA. Die grundsätzliche Problematik für den mehr als hundertjährigen Konzern ist, ob Wachstum in den neuen Geschäftsfeldern die Erosion im einstigen Kerngeschäft mit Hardware, Software und Server ausgleichen kann - und wann.

Chancen und Risiken

Aktuelle Technologietrends sind für "Big Blue" oft Chance und Risiko zugleich. Das gilt insbesondere für das Cloud Computing, welches das traditionelle Business mit Hardware und Infrastruktur unterminiert und an den Profitmargen im Computing-Geschäft nagt.

Im zweiten Quartal sanken die IBM-Umsätze in allen Bereichen - bei Technology Services um 10,5 Prozent, Business Services um zwölf Prozent und Hardware ingesamt 32 Prozent. In der großen Software-Sparte ging das Geschäft im abgeschlossenen Quartal um zehn Prozent (währungsbereinigt drei Prozent) auf 5,8 Milliarden Dollar zurück. "IBMs Legacy-Geschäft steht unter großem Druck", zitiert die "New York Times" Toni Sacconaghi von Sanford Bernstein. "Gleichzeitig investiert das Unternehmen in die neuen Bereiche, um sie anzuschieben. Da leiden dann die Profite."

Investoren und Branchenanalysten suchen derzeit nach Belegen dafür, dass IBMs neuen Aktivitäten schneller wachsen als die alten schrumpfen. "Den Wendepunkt haben wir in diesem Quartal nicht gesehen", konstatiert Sacconaghi. Die Anleger wollen organisches Wachstum sehen. "Investoren verlieren angesichts der nicht erfüllten Umsatzerwartung die Geduld", sagte Analyst Bill Kreher von Edward Jones & Co. dem Finanzdienst Bloomberg. Die IBM-Aktie verlor nachbörslich knapp fünf Prozent.

CFO sieht Konzern auf Kurs

Der IBM-Umsatz lag mit 20,81 Milliarden Dollar (2Q14: 24,05 Milliarden) unter dem von Thomson Reuters abgefragen Analystenkonsens von 20,9 Milliarden Dollar. Finanzchef Martin Schroeter sieht den Konzern dessen ungeachtet auf Kurs. Währungseffekte und nicht fortgeführte Geschäfte herausgerechnet, sei der Konzernumsatz nur um rund ein Prozent zurückgegangen, erkärte der CFO in einem Interview.

Das robuste Wachstum der strategischen Aktivitäten findet Schroeter ermutigend; der Finanzchef geht davon aus, dass IBM damit bis 2018 Erlöse von 40 Milliarden Dollar oder dann mehr als 40 Prozent seiner Gesamteinnahmen wird erzielen können, im Vergleich zu 25 Milliarden Dollar und anteilig 28 Prozent im vergangenen Jahr.

Die Cloud-Erlöse stiegen im zweiten Quartal um 50 Prozent und summierten sich in den vergangenen zwölf Monaten bereits auf 8,7 Milliarden Dollar. Investoren sind allerdings noch nicht davon zu überzeugen, dass Firmen wie IBM sich erfolgreich zum Cloud-Anbieter wandeln können, erklärte der FBR-Analyst Daniel Ives gegenüber dem "Wall Street Journal". In dieser wichtigen Frage sei "das Urteil noch nicht gesprochen".

Mainframes einmal mehr ein Lichtblick

Unter dem Strich ging IBMs Reingewinn im zweiten Quartal um 17 Prozent zurück auf 3,5 Milliarden Dollar. Der Gewinn pro Aktie (EPS) aus fortlaufendem Geschäft betrug damit 3,84 Dollar und lag über dem Analystenkonsens von 3,78 Dollar. Dabei half unter anderem die Einführung der neuen Großrechner-Generation "z13", die dem Hardwaregeschäft einen zyklischen Anschub verpasste: Die Mainframe-Umsätze stiegen sogar ohne Währungseffekte um 15 Prozent.

IBMs neueste Großrechner-Generation z13
IBMs neueste Großrechner-Generation z13
Foto: IBM

Zwar macht das "Big Iron" allein geschätzt unter zwei Prozent vom IBM-Gesamtgeschäft aus. Inklusive Software, Speichersystemen, Wartung sowie Finanzierung ist die Großrechner-Technologie aber sowohl strategisch als auch finanziell ein wichtiges Standbein für den Konzern - alle genannten Aspekte eingerechnet stammten daraus im vergangenen Jahr geschätzte 24 Prozent der Einnahmen und sogar 36 Prozent der Gewinne.

Und weil klassisches Mainframe-Klientel wie Banken und Versicherungen seit einiger Zeit auch verstärkt mobile Anwendungen entwickelt, profitiert IBM aus Sicht von Chris O'Malley, CEO des Mainframe-Softwareanbieters Compuware, nun auch von der wachsenden Zahl mobiler Transaktionen. "IBM hat es meisterhaft verstanden, die Hardware-Plattform selbst relevant zu halten. Der Mainframe ist alles andere als obsolet."

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