Google scheiterte, Apple will es schaffen

iPhone auf dem Sprung zur digitalen Geldbörse

01.09.2014
Über das digitale Portemonnaie im Smartphone wird schon seit Jahren gesprochen. Kreditkarten-Firmen, Mobilfunk-Anbieter und der Internet-Riese Google schafften es bisher aber nicht, die Verbraucher zu begeistern. Die Hoffnungen liegen nun - wieder einmal - auf Apple.

Gelingt AppleApple noch einmal das Kunststück, erst spät in einen schwächelnden Markt einzusteigen und ihn dann doch zum Leben zu erwecken? Vor vier Jahren küsste Apple mit dem iPadiPad den totgelaubten Markt der Tablet Computer wach. Und nun - kurz vor dem Start der nächsten iPhone-Generation - verdichten sich die Hinweise darauf, dass Apple auch ein mobiles Bezahlsystem auf Basis des NFC-Nahfunks plant. Mit Visa, Mastercard und American Express seien die Titanen der Kreditkarten-Branche im Boot, berichtete der Finanzdienst Bloomberg. Alles zu Apple auf CIO.de Alles zu iPad auf CIO.de

Auf die eingespielten Abrechnungsinfrastruktur der Kreditkarten-Firmen aufzuspringen, sei eine kluge Entscheidung, sagt Marktexperte Oliver Hommel von der Unternehmensberatung Accenture. "Doch es bleibt eine Frage, ob das Konzept in verschiedenen Ländern gleichermaßen erfolgreich sein kann - die Märkte unterscheiden sich sehr stark."

In Deutschland zum Beispiel hätten nur 30 Prozent der Bürger eine Kreditkarte, gibt Hommels zu bedenken. "In Deutschland mit der hohen Nutzung der EC-Karte (girocard) haben die BankenBanken und Sparkassen eine starke Position, um eigene Angebote entgegenzusetzen." Für sie wäre der Sprung von von Plastik-Geld zu einer virtuellen Karte im Smartphone ein großer Schritt. "Eine Bank wird in solchen Infrastrukturen als viel austauschbarer wahrgenommen." So sei es bereits ein wichtiger Faktor für Kundenbindung, wenn die Nutzer täglich die Karte mit dem Logo des Kreditinstituts in der Hand hielten. Und Banken und Sparkassen profitierten von der Kunden-Loyalität über das Konto hinaus, zum Beispiel wenn es um Kredite gehe. Top-Firmen der Branche Banken

Seit Jahren schon versuchen Kreditkartenfirmen, Mobilfunk-Anbieter und auch GoogleGoogle, digitale Portemonnaies auf NFC-Basis im Alltag zu etablieren. Die Idee: Statt eine Bankkarte zu zücken, soll der Kunde im Laden einfach sein Handy an das Lesegerät halten. Der Erfolg hielt sich bisher in eng bemessenen Grenzen. Auch wenn viele SmartphonesSmartphones mit dem Google-Betriebssystem AndroidAndroid oder Microsofts Windows Phone inzwischen einen NFC-Chip an Bord haben - die Verbraucher hielten sich bisher zurück. Alles zu Android auf CIO.de Alles zu Google auf CIO.de Alles zu Smartphones auf CIO.de

Kritiker des Verfahrens wie der frühere Chef des Online-Bezahldienstes Paypal David Marcus verweisen auf zu geringe Vorteile für den Kunden. Ob nun ein Stück Plastik oder ein Telefon - man müsse trotzdem einen Gegenstand aus der Tasche kramen und einen PIN-Code eintippen, argumentierte Marcus, der vor einigen Monaten abrupt zu Facebook wechselte und dort für den Kurznachrichtendienst Messenger zuständig ist.

Allerdings haben das iPhoneiPhone und einige andere Spitzen-Smartphones inzwischen eine Funktion, die für deutlich mehr Komfort sorgen kann: Den Fingerabdruck-Scanner. Statt an der Kasse die PIN einzutippen, bräuchte man also nur kurz den Finger auf den Home-Button des neuen iPhone zu halten - fertig. Niemand kann heimlich einen Blick auf die Zahlenkombination erhaschen, die Finanzbranche findet NFC zudem sicherer als Magnetstreifen in den Kreditkarten, die leicht kopiert werden können. Alles zu iPhone auf CIO.de

Der Chaos Computer Club (CCC) hatte zwar nach dem Start des iPhone 5s vor einem Jahr ziemlich schnell nachgewiesen, dass der "Touch-ID"-Sensor auch mit einem nachgebildeten Fingerabdruck ausgetrickst werden kann. Allerdings muss man dafür den Fingerabdruck des Besitzers zuvor in einem aufwändigen Verfahren in sehr guter Qualität einscannen.

Mit einer digitalen Geldbörse im iPhone könnte Apple an den Erfolg mit seinem iPad anknüpfen. Jahre vor dem iPad-Start hatte MicrosoftMicrosoft vergeblich versucht, die Gerätekategorie der Tablet-Computer zu etablieren. Auch Herstellern wie Samsung und Asus erging es ähnlich. Sie versuchten ihr Glück mit Mini-Tablets unter der Bezeichnung "Ultra-Mobile PC". Doch die Geräte waren zu schwachbrüstig und zu stromhungrig zugleich und floppten. Es musste erst Apple mit seinem per Fingerzeig bedienbarem "Riesen-iPhone" kommen, damit die Kunden zugriffen. Alles zu Microsoft auf CIO.de

Vielleicht hat Apple auch jetzt den richtigen Moment gewählt, an dem technische Bausteine und Bedienung zusammenkommen. "Die Infrastruktur-Voraussetzungen sind sehr gut", sagt Accenture-Experte Hommel. "Wenn es Apple gelingt, die Zahlung sinnvoll mit anderen Angeboten wie Rabattcoupons oder Kundenbindungs-Programme zu verbinden, könnte es ein Erfolg werden." Zudem könne sich Apple auf seinen Stamm treuer Kunden verlassen, die traditionell empfänglich für neue Dienste des Unternehmens seien. (dpa/rs)

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