Anbieter kassieren 20 Prozent Wartungsgebühren für selbst produzierte Fehler

IT-Chef Banque LBLux: "Die IT-Industrie ist unreif"

15.09.2008
Von Anja Tiedge

Was Privatanwender betrifft, gehen die Hersteller davon aus, dass die Kunden immer jemanden finden, der ihnen helfen kann. Und so ist es ja meist auch. Deshalb fehlt der IndustrieIndustrie der Druck, mehr auf die Qualität zu achten. Das wird sich meiner Meinung nach in den nächsten Jahren auch leider nicht ändern. Wir nehmen das ja auch alle so hin, denn wir sind quasi süchtig nach neuen Anwendungen - ob privat oder im Beruf. Durch diesen Drang nach Neuem nehmen wir in Kauf, dass die Produkte unausgereift sind. Top-Firmen der Branche Industrie

Sind die nicht ausgereiften Programme auch der Grund dafür, warum IT-Projekte oftmals länger dauern und um einiges teurer werden, als geplant?

Das ist ein wichtiger Grund, ja. Dazu muss man wissen: Software zu programmieren, ist Bastelarbeit. Die Anwendungen werden nicht industriell hergestellt, sondern zu einem gewissen Grad wird das Rad immer wieder neu erfunden.

Gibt es weitere Gründe, warum sich IT-Projekte oft verzögern oder sogar scheitern?

Das nenne ich das IT-Biotop: Unternehmen haben so unterschiedliche und spezielle Anforderungen an die IT, dass eine Vielzahl von unterschiedlichen Systemen im Einsatz ist. Die Softwareanbieter interessieren sich aber nicht für das Biotop, in das sie hineinkommen. Sie entwickeln ein Produkt, das in sich geschlossen gut funktioniert. Aber sobald es in einem anderen Biotop eingesetzt wird, gibt es Situationen, für das es nicht getestet wurde - und das Programm funktioniert nicht.

Sobald man ein Schräubchen an dem Programm verstellt, bricht alles zusammen. Das führt bei IT-Projekten oft zu enormen Verzögerungen oder sogar zum Scheitern. Ein einfaches Beispiel dafür ist, dass Software aus Amerika auf europäischen Rechnern erstmal nicht läuft, weil etwa Umlaute nicht berücksichtigt wurden.

Das löst auf beiden Seiten Frust aus: bei Herstellern und Nutzern. Was können diese dagegen tun?

Die Anwender müssen bereit sein, auch einmal länger auf eine Lösung zu warten. Wir wollen den Herstellern ja gar nicht die Zeit geben, die sie zum Testen bräuchten. Wir wollen lieber innerhalb von drei Wochen eine Lösung, die die Welt verändert. Da muss man aber realistisch sein und sehen, dass das so nicht funktionieren kann.

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